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LED-Wände für Outdoor planen

LED-Videowände bzw. Videowürfel für Außenbereiche sind komplexe technische Installationen und müssen daher sorgfältig geplant werden. PROFESSIONAL SYSTEM hat sich mit zwei Fachplanern über die Gründe unterhalten.

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(Bild: Harald Heckendorf, Screen Visions)

Immer häufiger sieht man draußen LED-Wände und -Würfel zur Werbung und Information – nicht nur in Citylagen, sondern auch in Sportarenen und sogar an Autobahnen – wie der AdverTower an der A3. Geplant wurde er von Screen Visions. Seit einigen Jahren bietet das Unternehmen Screen Visions Fachplanung insbesondere für LED-Wände im Außenbereich an – das Planerteam ist mit Screen Visions Managing Director Roger Rinke, Erich Caspers, Kilian Körber und Oliver Hahn besetzt. Rinke und Caspers können auf langjährige Erfahrung zurückblicken. So betreute Erich Caspers die Entwicklung der Videotechnik an Sportstätten, insbesondere an Autorennstrecken und Stadien.

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Eines der jüngsten Projekte, die von ihnen vorbereitet und begleitet wurden, war der AdverTower an der A3 bei Linkenbach, Landkreis Neuwied. PROFESSIONAL SYSTEM nahm das Projekt zum Anlass, um über wichtige Aspekte bei der Fachplanung von Outdoor Videowänden zu sprechen.

Warum Fachplanung?

Beim Projekt AdverTower holten die Investoren bzw. Bauherren von Anfang an Fachplaner ins Boot – das ist doch eher die Ausnahme …

Rinke: Richtig. Als wir anfingen auch als Fachplaner zu arbeiten, wurden wir oft sehr spät hinzugezogen und das erschwerte Lösungen. So hatten bei einem der ersten Projekte der Auftraggeber und das beauftragte Bauunternehmen, das als Generaldienstleister fungier – te, den späteren Nutzer – wenn man so will – fast vor vollendete Tatsachen gestellt, aber einige AV-relevante Grundlagen nicht berücksichtigt. Detailliertes Fachwissen kann man vom Generaldienstleister auch nur begrenzt verlangen, aber wenn man eine tonnenschwere Videowand nicht berücksichtigt und in die Dachlasten einrechnet, hat man ein Problem. Nicht selten werden ganze Ansteuerungen nicht berücksichtigt. Oder ganz simple Signaldistributionen vernachlässigt.

Welche Punkte sind dabei zu beachten?

Caspers: Etwa: Wie ist die Signalverteilung innerhalb einer Arena? Müssen die einzelnen Bereiche – Innenraum, VIP-Logen, Business- Bereiche, Pressezentrum – zu bestimmten Zeiten mit unterschiedlichen Grafik- und Bildsignalen versorgt werden? Sollen zusätzliche TV Programme wie SKY in allen Bereichen zur Verfügung stehen? Wie kann ich das SKY-Signal auch auf den TV-Geräten im VIP-Bereich zeigen? Die Bildqualität sollte natürlich in HDTV sein. Das ist bei den meisten Bundesliga- Stadien nicht annähernd realisiert.

Warum ist das so?

Rinke: Hintergrund ist oft, dass nach Budget und nicht nach Bedarf geplant wird. Dabei wird ständig versucht, das Budget abzudecken, aber der Plan wird nicht in seiner Tiefe erfasst. Wesentlicher Aspekt unserer Arbeit ist daher zunächst eine sehr detaillierte Bedarfsplanung mit dem Kunden, respektive dem Nutzer. Genau das konnten wir beim AdverTower umsetzen.

Caspers: Dabei stellt sich oft heraus, dass durch eine optimierte Detailplanung Kosten eingespart werden, die dann in sinnvollere, zukunftsorientiertere Technik investiert werden können. Das Thema Mehrkosten ist für uns nicht die Regel.

Resultiert daraus die erforderliche Technik?

Caspers: Ja, genau. Häufig wird etwas ausgeschrieben und später stellt man fest: So geht das eigentlich gar nicht. In vielen Fällen ist es tatsächlich so, dass wir zum Kunden kommen, der aber schon fünf bis sechs Angebote am Markt eingeholt hat. Beim Bearbeiten der Angebote stellte der Auftraggeber fest, dass viele Posten gar nicht vergleichbar sind. Der Kunde kommt von selbst an den Punkt, dass sich die bereitgestellten Informationen nicht einfach mit einer Excel-Tabelle auswerten lassen. Zum Beispiel waren Produkte nicht vergleichbar oder technische Daten nicht nachvollziehbar. Die Frage lautet dann: Wer kann uns am Markt beraten? In vielen Fällen ist es tatsächlich so gewesen, dass wir erst zum Kunden eingeladen wurden, weil er selbst nicht mehr analysieren konnte.

Rinke: Beim AdverTower z. B. hat unsere Beratungs- und Planungstätigkeit sicherlich nur ein Bruchteil des Budgets ausgemacht, war aber wertvoll, weil wir grundlegend lösungsorientierter ausgerichtet sind und unsere Ergebnisse für Investoren überdies Sicherheit bieten.

Sicherheitsaspekte

Können Sie uns Beispiele für das Berücksichtigen von Sicherheitsaspekten bei der Planung nennen?

Caspers: Brandschützer forderten eine Sprinkleranlage für eine Videowand in einem großen Fußballstadion. Wir haben ein neues Konzept umgesetzt, bei dem die Sprinkleranlage nicht mehr notwendig wurde, und zwar aufgrund des von uns geplanten Materials. Bei dieser Konstruktion gibt es zum Beispiel nach außen keine Lüfter mehr, die Kabel sind nicht brennbar, alle Module arbeiten Temperatur überwacht und liefern Alarmmeldungen bei steigender Temperatur. So konnten hohe Zusatzkosten durch Detailplanung vermieden und die Sicherheit erhöht werden. Das Konzept ist inzwischen erfolgreich in sieben oder gar acht Stadien umgesetzt worden. Und wir bekamen jedes Mal die behördliche Genehmigung ohne Sprinkleranlage arbeiten zu dürfen.

Rinke: Und wir gehen auch bei der Qualitätsprüfung im wahrsten Sinne des Wortes sehr weit, indem wir bei den Herstellern im Werk Qualitätskontrollen durchführen. Nach der Anlieferung wird erneut gemessen und verglichen, ob die vereinbarte Qualität auch geliefert wurde. Diese Kontrolle wurde durch die drastisch veränderte Lage auf dem Weltmarkt leider notwendig. Kaum ein Importeur verfügt über die eigentlich notwendigen Messvorrichtungen. Dies ist gerade hinsichtlich der Haftung aber wichtig! Früher standen große Herstellernamen im Raum und man war stets bedacht, den Namen durch die Qualität der Produkte zu unterstreichen. Heute produzieren kleine chinesische Betriebe für den Weltmarkt und meist nur auf Bestellung. Für Ersatzteile sorgt man besser sofort und nicht erst nach fünf Jahren. Wir reisen deshalb jedes Mal vor Ort und messen in der Produktion ob nach unseren Vorgaben produziert wurde – und später auch, ob das was produziert wurde, auch geliefert worden ist. Das haben wir im Fall des AdverTowers auch gemacht.

Caspers: Ein ganz wichtiger Punkt war hier die Auswahl der richtigen Dioden, weil wir hier ein Projekt hatten, das täglich 24 Stunden läuft. Die Diode wird entsprechend mehr belastet als in einem Fußballstadion. Hier musste ein ausgewähltes Fabrikat verwendet werden. Grob gesagt: Mit einer durchschnittlichen Diode ist ein gutes Bild fünf bis sechs Jahre möglich. Mit der von uns ausgesuchten und geprüften Diode kann man jetzt von 15 Jahren ausgehen. Sie hat einen besseren Stromverbrauch, eine geringere Wärmeentwicklung und schont somit die gesamte Elektronik. Die Zuverlässigkeit und Qualität war dem Kunden auch ein Mehrpreis wert.

Welche Kriterien mussten Sie überdies bei der Fachplanung des AdverTowers berücksichtigen?

Caspers: Die genaue Standortbestimmung war ein wichtiger Punkt. Es galt zu berücksichtigen, dass die Anzeigen sowohl aus zwei Fahrtrichtungen der A3 als auch von der ICE-Strecke bestmöglich zu sehen sein würden. Hier mussten z. B. Faktoren wie täglicher Sonnenlauf und die Jahreszeiten berücksichtigt werden. Wir haben die regionale Wetterlage des Westerwaldes genauso einbezogen wie die Aspekte einer sich veränderten Klimalage. Weitere Stichworte lauten u. a. Blitzschutzanlage, Windkalkulation oder mögliche Auswirkungen der Lichtemission auf die nächtlichen Aktivitäten von Flora und Fauna.

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(Bild: Harald Heckendorf, Screen Visions)

Viele technische Komponenten waren im Fokus, bevor eine Lösung überhaupt infrage kam und diskutiert werden konnte. Die Lösung bestand darin, zwei jeweils 180 m2 große Flächen leicht angewinkelt zu einem Dreieck in 35 m Höhe auf einem eigens dafür gefertigten Turm zu positionieren. Die beiden großen Flächen sind nun aus großer Entfernung wahrnehmbar und bewerben die Region und diverse Business- Partner. Eigene Drohnenaufnahmen, die wir zusammen mit dem Kunden analysierten, haben uns bei diesem Auswahlprozess geholfen.

Bedarfsanalysen erforderlich

Unabhängige Fachplaner sollte man also sehr früh zu lösungsorientierten Bedarfsanalysen und das anschließende Qualitätsmanagement einbeziehen. Auch bzw. gerade während der Ausschreibung?

Rinke: Ja, es gilt immer, die vielen vorgeschalteten Aspekte einer Nutzung zu definieren und so zu den technischen Parametern zu kommen. Dies führt dann zu einer Qualitätsdefinition und dann einer daraus resultierenden Ausschreibung. Aber die Ausschreibung ist nur ein Teilaspekt. Nach der Ausschreibung heißt es zu qualifizieren, was da eigentlich angeboten wird und heraus zu filtern, wo die Unterschiede liegen.

Caspers: Die technischen Rahmenparameter werden in der Ausschreibung zwar erfüllt, aber häufig stellt sich hier die Frage, wo kommen die Preisunterschiede her. Wir messen, prüfen die angebotenen Komponenten, klären ob und was verbaut wird – bzw. wurde – und wo genau der Anbieter produzieren lässt. Allerdings darf man manche Komponenten auch gar nicht in der Tiefe ausschreiben, weil man den Wettbewerb sonst verzerren würde und sich alles nur noch in eine Richtung bewegen würde. Daher sind manche Parameter und Komponenten funktionell zu formulieren. Allerdings gilt trotzdem immer wieder heraus zu filtern, welche Qualitätskriterien hier zugrunde gelegt werden. Diese Arbeit und deren Dokumentation sind auch wichtig, um im Falle einer juristischen Auseinandersetzung vor Gericht bestehen zu können.

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Der AdverTower während der Bauphase (Bild: Harald Heckendorf, Screen Visions)

In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage wie und ob europäische Richtlinien von den Herstellern umgesetzt werden?

Rinke: Durch die starke Veränderung des Marktes der letzten Jahre, der Veränderung der Technologien, der LED-Massenherstellung und der fast völligen Produktionsverlagerung nach China werden die Produkte zwar immer billiger – erfüllen aber selten oder kaum die notwendigen Kriterien. Rund 90 % der visuellen LED-Produkte werden in China hergestellt. Es gibt 300 bis 400 Hersteller in China, die wenigsten haben sich jemals mit dem Thema Elektrosicherheit beschäftigt und schon gar nicht mit der Zertifizierung für den deutschen Markt auseinandergesetzt. Das wird ganz langsam seitens der Kunden bzw. der Importeure sensibilisiert. Aber Stand heute ist: Viele Produkte können die Zertifizierung nicht erbringen.

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Die Fachplaner Erich Casper (l.) und Roger Rinke (Bild: Harald Heckendorf, Screen Visions)

Caspers: LED-Wände sind immer noch ein Nischenprodukt und keine Massenware wie etwa Fernseher. Hier greifen die Regularien überhaupt nicht. Es gibt Produkte, die haben zwar ein CE-Zeichen, aber das Zertifikat erstellt der Hersteller selbst und es ist strittig, was daran CE geprüft wurde. Gleiches gilt für EMV-Tests (elektromagnetische Verträglichkeit). Wir beobachteten Fälle, wo eine LED-Wand – nach Jahren im Einsatz – plötzlich den Polizeifunk störte. Da stand auch TÜV geprüft drauf! Keiner weiß, ob dies auch das Produkt ist, welches geprüft wurde. Schwierig! Nachrüsten war nicht möglich und die LED-Wand musste ausgetauscht werden.

Je nachdem welches Budget sie bekommen, können auch die Hersteller in China die Qualität steuern. Die Vermeidung der Störstrahlung ist aber eine sehr aufwändige Geschichte. Doch das wird bei vielen Produkten gar nicht beachtet! Wenn man es ganz richtig machen will und die europäischen Gesetze genau liest, ist es ganz schwierig, diese EMV-Kriterien überhaupt zu realisieren. Die Haftung für sämtliche Mängel liegt übrigens beim Importeur (Inverkehrbringer in die EU). Leidtragende sind allerdings die Endbenutzer oder (General)-Bauunternehmer, wenn es zu Beanstandungen kommt – ganz egal, welcher Art sie sind. Wir raten daher von ungeprüften oder billigen Produkten ab.

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