Kontrollzentrum LEO: Mission Control Centre

EUMETSAT LEO MCC: Medientechnik für Satelliten-Missionen

Seit Sommer 2021 nutzt EUMETSAT das vollständig neugestaltete LEO Mission Control Centre zur Steuerung von auf niedrigen Umlaufbahnen um die Erde kreisenden Satelliten. Moderne Medientechnik sorgt im Kontrollraum für angenehme Arbeitsbedingungen und motivierte Mitarbeitende.

EUMETSAT LEO Displaywand
Die gesamte Displaywand kann auf Knopfdruck elektromotorisch nach vorne abgesenkt werden, was den raschen Zugriff auf einzelne Bildschirme und die Verkabelung begünstigt. (Bild: Jörg Küster)

Inhalt dieser Case Study:

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Christiana Figueres, frühere Generalsekretärin der Klima­rahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC), äußert sich in dramatischen Worten: „Der Klimawandel besitzt das Potenzial, die Menschheit, wie wir sie kennen, auszulöschen.“ Auch in einer aktuellen Studie der in Genf ansässigen Weltorganisation für Meteorologie (WMO) warnen Wetterexpert:innen der Vereinten Nationen ein­dringlich davor, dass bereits bald so genannte Kipppunkte erreicht werden könnten, welche irreversibel „schädlich für die Menschheit und den gesamten Planeten“ sind.

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Daten und Wetterbilder für Europa

Keine Frage: Wissenschaftliche Erkenntnisse zu Klima und Wetter sind wichtiger denn je. Um die Entstehung von Wetterphänomenen noch besser erkennen sowie mögliche Gefahren genauer vorhersagen und lokalisieren zu können, sind Spezialist:innen der in Darmstadt ansässigen „European Organisation for the Exploitation of Meteoro­logical Satellites“ (EUMETSAT) rund um die Uhr mit dem Betrieb von Wettersatelliten befasst.

Wetterbilder und Daten der zwischenstaatlichen Organi­sation sind primär dazu bestimmt, von nationalen Wetter­instituten (z. B. Deutscher Wetterdienst) und hydrologischen Diensten der 30 EUMETSAT Mitgliedsstaaten verwendet zu werden. Darüber hinaus wurden Lizenzen an eine Reihe weiterer Nutzer (z. B. Universitäten) vergeben. EUMETSAT selber liefert keine Wettervorhersagen, leistet mit seiner Arbeit jedoch einen wertvollen Beitrag zur Sicherheit der in den EUMETSAT-Mitgliedsstaaten lebenden Menschen und dient darüber hinaus dem Schutz kritischer Volkswirt­schaftssektoren.

AMX Modero MT-2002 Touchpanel mit 20,3"-Diagonale zeigt Überblick über die sechs ovalen Arbeitsinseln mit LEO MCC
Im Vordergrund: Ein AMX Modero MT-2002 Touchpanel mit 20,3″-Diagonale zeigt einen Überblick über die sechs ovalen Arbeitsinseln mit LEO MCC. (Bild: Jörg Küster)

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LEO versus GEO

Essenzielle Bestandteile von EUMETSAT sind zwei moder­ne Kontrollräume, die übereinander auf zwei Etagen des Darmstädter Gebäudekomplexes untergebracht sind und sich auf unterschiedliche Satellitentypen konzentrieren. Das vollständig neu gestaltete LEO Mission Control Centre wid­met sich Low-Earth-Orbitern, deren vergleichsweise niedrige Erdumlaufbahnen üblicherweise in Höhen zwischen 500 und 1.200 km verlaufen.

Im Gegensatz zu Low-Earth-Orbitern kreisen geostatio­näre Satelliten in einer Höhe von 35.786 km parallel zum Äquator und damit aus Sicht des Kontrollzentrums ähn­lich wie Fernsehsatelliten „ortsfest“ an stets gleichen Positionen – die Umlaufgeschwindigkeit der künstlichen Himmelskörper und die Rotationsgeschwindigkeit der Erde stimmen überein. Bei EUMETSAT ist für geostationäre Sa­telliten aus der Meteosat-Serie das GEO Mission Control Center zuständig, über dessen medientechnische Beson­derheiten bereits in Ausgabe 8/2018 von PROFESSIONAL SYSTEM berichtet wurde.

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Umbau unter erschwerten Bedingungen

Die Ausschreibung für die medientechnische Ausstattung sowie für die Möblierung des neu gestalteten LEO MCC konnte die SWiCA Conference Technology e. K. für sich entscheiden. Das anspruchsvolle Projekt wurde federführend von Inhaber Markus Schürmann betreut. SWiCA wurde im Jahr 2000 gegründet; der Firmenname steht als Akronym für „Schürmann Worldwide Integration of Conference Applications“. Von EUMETSAT wurde Mar­kus Schürmann bereits Mitte der 1990er-Jahre mit der medientechnischen Erstausstattung des Darmstädter Ge­bäudes betraut. SWiCA verantwortete auch die Medien­technik im ein Stockwerk höher befindlichen GEO Mission Control Centre.

Displaywalls mit RGB-LED-Beleuchtung im EUMETSAT LEO
Farbenfroh: Die Displaywalls verfügen an ihren Rändern über eine RGB-LED-Beleuchtung, welche durch unterschiedliche Farben die visuelle Orientierung im Raum begünstigt und den Weg zu einzelnen Programm-Teams weist. (Bild: Jörg Küster)

Markus Schürmann berichtet über besondere Heraus­forderungen, die mit dem Umbau des LEO MCC im lau­fenden Betrieb einhergingen: Sukzessiv wurde im Kontrollzentrum ein Arbeitsbereich nach dem anderen voll­ständig umgestaltet, während in den übrigen Arealen die normale 24/7-Tätigkeit fortgeführt wurde, da Ausfallzeiten in einem Mission Control Centre nicht akzeptabel sind. Wände mussten entfernt oder versetzt werden, und ge­mäß gesetzlicher Vorgaben war innerhalb des 1986 eröff­neten Gebäudeteils die Elektroinstallation zu erneuern. Die vormals im LEO MCC vorhandene Löschanlage konn­te entfernt werden, da im neugestalteten Raum keine nennenswerten Brandlasten mehr vorhanden sind. Kurzgefasst: Während der Umbauphase blieb im Kontrollzentrum kaum ein Stein auf dem anderen, und den Beteilig­ten machten zusätzlich massive pandemiebedingte Ein­schränkungen zu schaffen, welche die ursprüngliche Zeit­planung in Gefahr brachten.

Allen Widrigkeiten zum Trotz konnte das LEO Mission Control Centre im Sommer 2021 fristgerecht fertigge­stellt werden. „Damit hatte aufgrund der besonderen Umstände eigentlich niemand gerechnet, und SWiCA gebührt ein wirklich großes Lob!“, sagt Jörg Schmittroth, langjährig mit der Arbeit in Kontrollzentren vertrauter System Operation Engineer sowie Projektleiter auf Seite von EUMETSAT. „Die geplante große Einweihungsfeier für das neue LEO MCC musste wegen der Pandemie allerdings leider entfallen …“

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Bewährtes bleibt

Grundlegende Ideen zur Arbeitsplatzgestaltung sowie zur medientechnischen Ausstattung konnten für das LEO MCC aus dem bereits erfolgreich realisierten GEO Mission Control Centre übernommen werden: „Salopp könnte man sagen, dass wir eine Etage höher erst einmal geübt haben“, merkt Jörg Schmittroth schmunzelnd an. „Aber im Ernst: Viele Ideen, die wir vor sieben bis acht Jahren entwickelt haben, konnten sich in der täglichen Praxis bewähren und wurden daher auch im neu gestalteten LEO MCC umgesetzt.“

Einzelne Modifikationen und Verbesserungen wurden selbstverständlich dennoch vorgenommen: So werden im LEO Mission Control Centre heute beispielsweise akustische Alarme selektiv auf einzelne Arbeitsbereiche geschaltet, wobei sogar zwischen den zu jedem Funktionsbereich gehörenden Tischen unterschieden wird. Hintergrund ist, dass ein akustischer Alarm mit klarem Richtungsbezug die Aufmerksamkeit in gewünschter Art und Weise lenkt. Lediglich Alarmmeldungen, die sich nicht eindeutig einem bestimmten Aufgabensegment zuordnen lassen, sind weiterhin im gesamten Raum zu vernehmen. Passend zum lokal fokussierten Beschallungskonzept werden die Bildwände der einzelnen Funktionsbereiche im Gegensatz zum GEO MCC nicht mehr von Lautsprechern flankiert, sondern es kommen stattdessen fest an den Arbeitstischen montierte Eck-Modelle von Cornered Audio (an umluft­gekühlten QSC SPA-4 Verstärkern) sowie kompakte Aktiv-Tischlautsprecher aus dem Portfolio von Yamaha zum Zuge. Letztere werden genutzt, um Audioalarme ohne spezielles Routing auszugeben.

Kontrollraum EUMETSAT
Oben GEO, unten LEO: Essenzielle Bestandteile von EUMETSAT sind zwei moderne Kontrollräume, die übereinander auf zwei Etagen des Darmstädter Gebäudekomplexes untergebracht sind und sich auf unterschiedliche Satellitentypen konzentrieren. (Bild: Jörg Küster)

Verantwortlich für Distribution und Bearbeitung von digitalen Audiosignalen (AES67) sind zwei leistungsstarke, für 256 Kanäle ausgelegte QSC Q-SYS Core 510i Prozes­soren (Master/Slave), die abgesetzt in einem Technikraum betrieben werden. Analoge Audiosignale werden den 19″-Geräten über QSC Q-SYS I/O-8 Flex Expander zuge­führt, und auch die Audioausspielung im Kontrollraum erfolgt über Wandlereinheiten dieses Typs. Um ein Audio­signal als relevant einzustufen, muss der Pegel für eine festgelegte Dauer einen definierten Schwellenwert über­schreiten – auf diese Weise wird eine Weiterleitung von Störgeräuschen aus den als Quellen dienenden Shuttle PCs (siehe unten), Sat-Receivern und lokalen Rechnern vermieden. Als akustische Alarme dienen diverse Signal­töne sowie mit einem professionellen Sprecher in unter­schiedlichen Betonungen aufgenommene Voice-Messages. Steuerbefehle erhalten die QSC Q-SYS Core 510i aus einer AMX-Mediensteuerung. Insgesamt 30 Q-SYS I/O-8 Expander werden im LEO MCC eingesetzt. Die Übertra­gung findet via Netzwerk statt, in welches HP Aruba-Switches integriert sind. Die separate logische Audioorientierung läuft über ein Script im Core und entlastet somit das Steuerungssystem erheblich.

Von der lokal verbauten Technik wird im LEO Mission Control Center kaum noch Abwärme erzeugt, so dass die im Raum vorhandene Lüftungsanlage nur sporadisch an heißen Sommertagen hörbar ist. Aufgrund der Pandemie wird die Anlage derzeit allerdings durchgängig mit voller Leistung betrieben. „Dass man die Lüftung überhaupt hört, ist dem Umstand zu verdanken, dass im Rahmen der Neugestaltung des LEO MCC alle Rechner ausgelagert werden konnten“, so Jörg Schmittroth. „Das Geräusch-Level im Raum besaß vorher eine vollkommen andere Dimension.“

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Ovale Arbeitsinseln

Das rund 270 m² messende LEO Mission Control Centre ist in sechs so genannte Ovals (ovale Arbeitsinseln, OVAL 100 – OVAL 600) unterteilt, welche unterschiedlichen EUMETSAT-Programmen zugewiesen sind: Das Hauptprogramm hört auf die Bezeichnung EPS (EUMETSAT Polar System, Metop-Satelliten und Bodenstation). Zum Copernikus-Programm gehören die Satelliten Sentinel-3 und Sentinel-6. In Planung befinden sich die Programme EPS-SG (EUMETSAT Polar System Second Generation) und CO2M (Copernicus CO2 Monitoring Mission), welche das LEO MCC in naher Zu­kunft vollständig auslasten werden. „Bereits jetzt finden Coordination-Meetings statt, bei denen überlegt wird, wie das Kontrollzentrum in zwei Jahren aussehen soll“, berich­tet Jörg Schmittroth. „Das LEO MCC haben wir bewusst derart gestaltet, dass wir uns unkompliziert mit künftigen Aufgaben arrangieren können. Durch ein ausgeklügeltes Remote-Konzept lassen sich den Ovals flexibel gewünschte Signale aus dem Rechenzentrum zuweisen. Aufwendige Umbauten im Raum sind durch diese Lösung bei einer Neustrukturierung nicht mehr erforderlich.“

Die Ovals dienen den mit den einzelnen Satelliten-Pro­grammen befassten Teams als Kommandozentralen und besitzen im LEO MCC nicht nur exakt gleiche Abmessun­gen, sondern sind auch in Bezug auf die Medientechnik identisch ausgestattet. Die namensgebende ovale Grund­form wird von maßangefertigten Arbeitstischen gebildet, welche die Schweizer welco AG hergestellt hat. „Die Ergonomie der Arbeitsplätze hat bereits im GEO Mission Control Centre so gut gepasst, dass für das LEO MCC niemand etwas ändern wollte“, kommentiert Markus Schürmann. „Der Abstand der einzelnen Ovals zueinander wurde aufgrund des verfügbaren Platzangebots ein we­nig verringert, aber darüber hinaus konnten wesentliche Aspekte aus der oberen Etage übernommen werden – Aspekte wie die Beinfreiheit, aber auch der Einbau der Technik haben schlichtweg perfekt gepasst!“

Zur Ausstattung jeder Arbeitsinsel gehören vier Laut­sprecher, zwei Shure-Schwanenhals-Tischmikrofone und zwei AMX-Touchpanels (Modero MT-2002 mit 20,3″-Dia­gonale und Modero MT-1002 mit 10,1″-Diagonale). Die berührungsempfindlichen Oberflächen sind übersichtlich strukturiert, und die Bedienung ist in Form einer Matrix (Menü/Quellenbänke/Einzelquellen) organisiert. Adressiert werden als Senken u. a. 5 × 2 Monitore der Bildwand (siehe unten) und die Tisch-Bildschirme samt KVM-Funktionen. Einstellmöglichkeiten für die Tonwiedergabe sind ebenfalls vorhanden. In Tests mit EUMETSAT-Mitarbeiten­den wurde im Vorfeld festgelegt, welche Darstellungsfor­men sich am besten für die Arbeit im LEO MCC eignen.

Nach Eingabe eines Codes ist an den Touchpanels der Zugriff auf den Bereich „Support“ möglich, in welchem Detaileinstellungen vorgenommen werden können. Die Bezeichnungen der einzelnen Quellen und Senken wur­den von EUMETSAT Mitarbeitenden in eine Excel-Tabelle („Config List“) eingetragen, welche zwecks Touchscreen-Darstellung der gewünschten Begrifflichkeiten in den Master-Controller eingelesen wird. Über ein KNX-Gate­way ist via Touchpanel der Zugriff auf Lichttechnik und Jalousien möglich.

Um Dongles, welche für den Zugriff auf die Daten eines Satelliten zwingend erforderlich sind, einfach handhaben zu können, wurden von SWiCA Extron USB-Transmitter/Receiver (USB Extender Plus mit integriertem Hub und Emulationsmodus für Peripheriegeräte, insgesamt 12 × Empfänger und 32 × Sender, freie Verbindungsmöglich­keiten über Cisco Switch) verbaut, die mit den relevanten Rechnern vernetzt sind. In jedem Oval können Dongles in USB-Ports eingesteckt werden, welche sich in per Deckel verschließbaren Bachmann-Tischeinbaurahmen befinden. In den Tischtanks sind auch HDMI-Anschlüsse unterge­bracht, die über einen SVSI NMX-ENC-N1133 Encoder aus der AMX N1000-Serie mit dem Netzwerk respektive einem Cisco Nexus-Switch verbunden sind.

Die Technik der Ovals wurde bewusst in zwei unter­schiedlichen Kreisen strukturiert, so dass bei einem even­tuellen Ausfall stets nur ein Teilbereich einer Arbeitsinsel betroffen ist. Passend dazu sind auch die Bildwände an zwei unterschiedliche Stromkreise angeschlossen, welche jeweils fünf Monitore versorgen. Zu jedem Oval gehört ein Patchfeld, das in einem Bodentank verborgen ist.

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Flexible Bildschirmnutzung ohne Konfusion

Jedem Oval fest zugeordnet ist eine Bildwand, die sich aus zehn LG 55LV75D Ultra-Narrow-Bezel-Displays mit Diagonalen von 55 Zoll in einer 5 × 2-Anordnung (B x H) zusammensetzt. „Die Videowände dienen in erster Linie dazu, auf bestimmte Ereignisse aufmerksam zu machen – konkrete Aktionen werden dann mithilfe der auf den Ar­beitstischen stehenden Bildschirme ausgelöst“, erläutert Jörg Schmittroth. Da in das LEO MCC nur wenig Tages­licht über längliche Fensterelemente eintritt, werden die Bildschirme meist mit geringer Helligkeit betrieben, wofür die Leuchtdichte von 500 cd/m² ausreichend ist. Die Fens­ter lassen sich bei Bedarf mit Jalousien verdunkeln. Die Displaywalls verfügen an ihren Rändern über eine RGB-LED-Beleuchtung, welche durch unterschiedliche Farben die visuelle Orientierung im Raum begünstigt und den Weg zu einzelnen Programm-Teams weist.

Die mechanische Unterkonstruktion der Videowände wurde gegenüber dem GEO MCC modifiziert: Damit Ser­vicearbeiten im Fall der Fälle so schnell wie möglich erle­digt werden können, wurden die eine Etage höher zum Einsatz kommenden Push/Pull-Halterungen im LEO MCC durch eine von der welco AG angefertigte Sonderkonstruktion ersetzt. Letztere sorgt dafür, dass die gesamte Wand auf Knopfdruck elektromotorisch nach vorne abge­senkt werden kann, was den raschen Zugriff auf einzelne Bildschirme und die Verkabelung begünstigt.

Die Bildschirme, die auf den Arbeitstischen der Ovals aufgestellt sind, stammen ebenfalls von LG Electronics. Pro „Tisch-Banane“ sind zehn IPS-Displays des Typs LG 24BK550Y verfügbar. Mitarbeitende müssen pro Arbeits­insel also 20 Screens bzw. insgesamt 30 Displays im Blick behalten, sofern man die Videowand mit in die Rechnung einbezieht. Welcher Bildschirm aktuell mit Tastatur und Maus verbunden ist, wird an den Arbeitstischen im GEO MCC über ein farbiges LED-Downlight angezeigt. AMX Relay-Interfaces des Typs EXB-REL8 steuern die LED-Downlights sowie Alarm-LEDs an der Bildwand an.

Farbiges LED-Downlight an Arbeitstisch im LEO MCC
Lichtzeichen: Welcher Bildschirm aktuell mit Tastatur und Maus verbunden ist, wird an den Arbeitstischen im LEO MCC über ein farbiges LED-Downlight angezeigt – hier als gelblicher Streifen zu sehen. (Bild: Jörg Küster)

Um jeweils fünf Bildschirme respektive die zu ihnen ge­hörenden Rechner am Arbeitstisch zielsicher mit nur einer Tastatur und einer Maus bedienen zu können, hat SWiCA eine robuste Umschaltbox (Keypad) entwickelt, die per integriertem Bus-Koppler an eine AMX-Mediensteue­rung angebunden sind: Fünf Taster (1–5 für fünf Displays) werden durch drei Taster zur Steuerung der Tonwiedergabe (lauter/leiser/Stummschaltung, Funktionen auch am Touchscreen verfügbar) ergänzt.

Umschaltbox (Keypad), die per integriertem Bus-Koppler an eine AMX-Mediensteuerung angebunden ist
Robuste Funktionalität: Um jeweils fünf Bildschirme respektive die zu ihnen gehörenden Rechner am Arbeitstisch zielsicher mit nur einer Tastatur und einer Maus bedienen zu können, hat SWiCA eine robuste Umschaltbox (Keypad) entwickelt, die per integriertem Bus-Koppler an eine AMX-Mediensteuerung angebunden ist. (Bild: Jörg Küster)

Dem Vernehmen nach kann die Hardware-Lösung auch langjährig im Kontroll­raum tätige Mitarbeitende überzeugen, welche bislang eine separate Tastatur für jeden Bildschirm bevorzugt haben. Die Programmierung ist derart ausgelegt, dass es nicht möglich ist, mit einer Tastatur auf einen Rechner zuzugreifen, welcher bereits mit einer anderen Tastatur adressiert wird. AMX-Decoder für die Monitore sowie für Tastatur und Maus sind über Türen auf den Rückseiten der Arbeitstische zugänglich.

AMX-Decoder über Türen auf Rückseiten der Arbeitstische
Innenleben: AMX-Decoder für die Monitore sowie für Tastatur und Maus sind über Türen auf den Rückseiten der Arbeitstische zugänglich. (Bild: Jörg Küster)

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Individuelle Einstellmöglichkeiten

„Es kommt vor, dass sich ein Operator ein Videosignal von der Bildwand auf einen lokalen Monitor an seinem Arbeitstisch holen möchte, das Signal später aber wieder zurückgeschaltet werden soll“, berichtet Markus Schür­mann. „Zu diesem Zweck haben wir eigens einen Speicher­platz geschaffen, auf dem das Setting zwischengelagert und später gelöscht wird – man kann dank der Zwischen­speicherung also bedenkenlos hin und her schalten, ohne sich merken zu müssen, welches Signal später wieder auf welchem Bildschirm erscheinen muss.“

Individuelle Settings, die sich ein Operator für seine Ar­beit in einem Oval zurechtgelegt hat, lassen sich als Preset sichern. Ein solches Preset kann auch andernorts abgerufen werden, beispielsweise an einer anderen Arbeitsinsel. Es können sechs freie und sechs passwortgeschützte Speicher­plätze belegt werden, so dass ein Operator unabhängig von seinem üblichen Arbeitsplatz in 20 bis 30 Sekunden einsatzbereit ist.

Im LEO MCC wird an sieben Tagen pro Woche rund um die Uhr gearbeitet. Damit beim Schichtwechsel eine mög­licherweise veränderte Bilddarstellung schnell zurückge­setzt werden kann, ist per Touch-Befehl ein vollständiger Reset der Bildwände auf eine Default-Einstellung möglich. Eine Möglichkeit zur Anpassung der Helligkeit (25/50/75/ 100 Prozent) durch Mitarbeitende ist gegeben.

Bedingt durch die schiere Menge der im LEO MCC stattfindenden Vorgänge nehmen die Logfiles beachtliche Dimensionen an: Jeder Befehl aus jedem Oval wird proto­kolliert, und da die weiter oben erwähnten Presets inten­siv genutzt werden, kommen bei etwa 240 Befehlen pro Preset und im Schnitt drei Nutzungen pro Oval während jeder Schicht größere Datenmengen zusammen. „Zur all­gemeinen Überraschung hat sich herausgestellt, dass der Speicher nach sechs Wochen voll ist“, berichtet Markus Schürmann. „In Absprache mit AMX und dem deutschen Vertrieb Audio Pro haben wir eine Lösung gefunden, um die Unmengen der entstehenden Logfiles automatisiert oder per Touch-Befehl löschen zu können und auf diese Weise die Server nicht zu überlasten.“

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IP-basierte Signaldistribution mit AMX SVSI

Dreh- und Angelpunkt der IP-basierten Signaldistribution im LEO Mission Control Centre ist die SVSI-Produktfamilie von AMX, mit der SWiCA laut Markus Schürmann bereits seit 2012 in diversen Projekten gute Erfahrungen sammeln konnte. „Bezüglich der Komponentenauswahl war es wichtig, auf Kompatibilität mit den im GEO MCC verbau­ten Produkten zu achten“, so Markus Schürmann. „Das vereinfacht die Bevorratung beziehungsweise Bestellung von Ersatzteilen und stellt sicher, dass allerorts die gleiche hohe Qualität verfügbar ist. Das SVSI-System von AMX hat sich bereits im GEO MCC bewährt. Die Latenz wirft keinerlei Probleme auf, und die Full-HD-Auflösung mit 1.920 × 1.080 Pixeln ist für alle anfallenden Aufgaben ausreichend. SVSI ermöglicht das unabhängige Multicasting von Audio-, Video- und USB-Signalen, und das Management ist bei SVSI wirklich sehr ausgereift. Meines Wissens nach ist die Installation im LEO MCC das bislang größte in Europa realisierte AV-over-IP-Projekt.“

 

Als Master-Controller dient im LEO MCC ein AMX Net­linx NX-3200, zu dem ein AMX NX-1200 Controller als Slave gehört. Jedem Oval sind zwei NX-1200 zugewiesen, welche den Master entlasten und dafür sorgen, dass bei einem eventuellen Defekt nicht ein gesamtes Oval aus­fällt. Der AMX Videocontroller SC-N8002 steuert als Web-basierte Steuerzentrale des SVSI-Systems alle Enco­der (AMX MNX-ENC-N1133A), Decoder (AMX NMX-ENC-ENC1233A), Windowing-Prozessoren (AMX NMX-WP-N1512) und Audio-over-IP-Transceiver (AMX NMX-TR-N4321). Die meisten Encoder sind als Einschubkarten Frames (AMX NMX-ACC-N9206, jeweils sechs Karten) untergebracht. Der Videocontroller detektiert und managed sämtliche innerhalb des Systems angeschlossenen Geräte. Letztere sind in einer Datenbank hinterlegt, so dass Fremdgeräte selbst dann nicht gesteuert werden können, wenn die IP-Adresse übereinstimmen sollte. Der SC-N8002 wird im Hot-Standby mit einem zweiten Gerät des gleichen Typs betrieben (Master/Slave), welches im Fall der Fälle die Aufgaben der Master-Unit übernimmt – bei einem Ausfall dauert es etwa 40 Sekunden, bis der Ersatz-Controller das Geschehen vollständig kontrolliert. Der AMX Windowing Processor SVSI NMX-WP-N1512 aus der N1000-Serie fasst auf Wunsch bis zu vier einge­hende Streams zu einem neuen Stream mit eigener IP-Adresse zusammen. Per Touchpanel kann ein Operator so beispielsweise in einem Quad-Layout vier unterschiedliche Bildinhalte gemeinsam auf einen Screen (Bildwand oder Arbeitsplatz) schalten.

Im vom Kontrollzentrum abgesetzten Technikraum konzentriert sich die Medien­technik in acht 19″-Schränken, in denen die Komponenten zwecks besserer Über­sicht farbcodiert verkabelt und aussage­kräftig beschriftet sind. Zu entdecken sind u. a. zahlreiche Shuttle Mini-PCs, auf denen Anwendungen von EUMETSAT in virtuellen Umgebungen laufen – die Remote-Termi­nals spiegeln entfernt im Rechenzentrum untergebrachte Workstations. Die Shuttle PCs stellen HDMI-Anschlüsse mit Bild und Ton (sowie parallel dazu analoge Audioaus­gänge für QSC Q-SYS I/O-8 Flex Expander) bereit, welche mithilfe von AMX SVSI in den Kontrollraum übertragen werden. Auch eine USB-Verbindung wird herge­stellt. „Zu den Besonderheiten des Projekts gehört, dass keine externe Software auf den Rechnern von EUMETSAT laufen darf: Die in Darmstadt zum Einsatz kommenden Applikationen wurden speziell für die Steu­erung von Satelliten geschrieben, und im Hintergrund dürfen auf gar keinen Fall Pro­gramme aktiv werden, welche die Funktion eventuell beeinträchtigen könnten“, erläu­tert Markus Schürmann. Zum SVSI-Netz­werk im LEO MCC gehören Cisco Switches.

Medientechnik in 19"-Schränken
Medientechnik en masse: Im vom Kontrollzentrum abgesetzten Technikraum konzentriert sich die Medientechnik in 19″-Schränken. (Bild: Jörg Küster)

Für eventuelle Ausfälle einzelner Komponenten ist man in Darmstadt gerüstet: Sowohl Bildschirme als auch Enco­der und Decoder werden als Spare-Parts vorgehalten. Das für die Infrastruktur verantwortliche EUMETSAT-Team ist in der Lage, Geräte in eigener Regie auszutauschen und eine reibungslose Funktion innerhalb des Gesamtverbunds sicherzustellen.

Porträt von Markus Schürmann, Gründer und Inhaber der SWiCA Conference Technology e. K.
Markus Schürmann, Gründer und Inhaber der SWiCA Conference Technology e. K. (Bild: Jörg Küster)

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House TV: Auch von außen im Bild bleiben …

Inhalte einzelner im LEO MCC vorhandener Bildschirme kön­nen gezielt zur externen Ansicht durch weitere Personen freigegeben werden, beispielsweise für Gästegruppen, die sich im durch eine Glasfront vom Kontrollraum getrennten Besucherbereich befinden. Jörg Schmittroth verwendet die Bezeichnung „House TV“, wobei die Begrifflichkeit im ers­ten Moment ein wenig irreführend ist, da keine Live-Kamera­bilder aus dem Kontrollraum übertragen werden.

Genutzt wird „House TV“ nicht nur für die Öffentlich­keitsarbeit, sondern auch, um Personengruppen am Ge­schehen teilhaben zu lassen, die sich nicht zwangsläufig im Kontrollraum aufhalten müssen: Stehen beispielsweise besondere Manöver wie ein Launch an, werden bis zu sechs Bildsignale („Channels“) über das Hausnetzwerk in entsprechend ausgestattete Büros des EUMETSAT Gebäu­des übertragen. Die Übertragung erfolgt ausschließlich nach außen; aus Sicherheitsgründen ist ein Rückkanal nicht vorgesehen.

Porträt von Jörg Schmittroth, Projektleiter auf Seite von EUMETSAT
Jörg Schmittroth, langjährig mit der Arbeit in Kontrollzentren vertrauter System Operation Engineer sowie Projektleiter auf Seite von EUMETSAT (Bild: Jörg Küster)

„Bei wichtigen Manövern war der Kontrollraum früher voll mit Personen, was nun nicht mehr unbedingt der Fall ist“, berichtet Jörg Schmittroth und weist darauf hin, dass sich die Möglichkeit zur Außenübertragung von Bildsigna­len während der pandemiebedingten Zugangsbeschrän­kungen als außerordentlich hilfreich erwiesen hat. Möglicherweise wird es in Zukunft sogar gang und gäbe sein, Videosignale gesichert via VPN zu Entscheidungsträger:innen in deren Home-Offices zu übertragen. Inter­essant ist das „Advanced House TV“ sicher auch, um mit der Konstruktion von Satelliten befasste Unternehmen bzw. deren Test-Teams aus der Ferne in das lokale Ge­schehen einbinden zu können.

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Der Zeit voraus

Da im Jahr 2025 aller Voraussicht nach eine hundertpro­zentige Auslastung des LEO Mission Control Centre erreicht werden wird, denkt man in „Hessens Tor zum Weltall“ (unter Lokalpolitikern beliebte Metapher) bereits laut dar­über nach, wie sich GEO und LEO möglicherweise verbin­den lassen – bei Wartungsarbeiten beispielsweise wäre es dann möglich, Fachkräfte vorübergehend im jeweils an­deren Bereich unterzubringen.

„Wir sind unserer Zeit voraus!“, sagt Jörg Schmittroth mit einem Schmunzeln, bevor er zu einer Erläuterung an­setzt: „In beiden Mission Control Centren haben wir mehr Möglichkeiten, als wir aktuell benötigen. Allerdings ist jetzt schon absehbar, dass die Kapazitäten bald vollständig ausgeschöpft sein werden. Wenn im Jahr 2025 neue Sa­telliten an den Start gehen, bedeutet das für uns, dass die betreffenden Teams bereits ab 2023 ihre Technik einbauen und in den Kontrollräumen nutzen, um sich praxisnah vor­zubereiten sowie bestmögliche Verfahrensweisen für ihre verantwortungsvollen Aufgaben festzulegen.“

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Das EUMETSAT LEO MCC? Faszinierend.

„Alle sind glücklich!“, sagt Jörg Schmittroth über Reaktionen der Mitarbeitenden auf die umfassende Umgestal­tung des LEO Mission Control Centre. „Wenn neue Leute zu uns kommen, sind sie immer ganz begeistert, in wel­chem Environment sie hier arbeiten dürfen.“

Porträt von Matthias Holz, Teamleiter System- und Projektgruppe bei der Audio Pro Heilbronn Elektroakustik GmbH
Matthias Holz, Teamleiter System- und Projektgruppe bei der Audio Pro Heilbronn Elektroakustik GmbH (Bild: Jörg Küster)

In der Tat ist das Erscheinungsbild des neu konzipierten Satellitenkontrollzentrums keineswegs nüchtern-konserva­tiv oder gar altbacken. Vielmehr wirkt das sorgsam gestal­tete Ambiente mit seiner tendenziell futuristischen Anmu­tung auf Erstbesucher:innen oft derart beeindruckend, dass sich nicht wenige Gäste dem Vernehmen nach spontan an die Kommandobrücke eines Raumschiffs erinnert fühlen – First Officer Spock von der USS Enterprise würde beim Blick auf das LEO MCC vermutlich „Faszinierend.“ sagen. Dabei geht es im neu gestalteten Kontrollzentrum trotz eines spektakulären Looks nicht um plakative Effekthascherei: Sämtliche Gestaltungsmaßnahmen sind begründet, so dass man bei EUMETSAT entspannt auf kritische Fragen zur Ver­wendung von Steuergeldern antworten kann.

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Web-Links

>> www.eumetsat.int

>> www.swica.de

>> www.audiopro.de

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