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Human Centric Lighting im Büro

Biodynamisches Licht zum Arbeiten

Die optionalen Anwendungsgebiete rund um biodynamisches Licht weiten sich aus und werden durch stetige Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit und konsequente Erweiterung der Produktvielfalt für die moderne Projektplanung ständig relevanter. Richtig in Büros und Arbeitsumgebungen eingesetzt, soll es nicht nur zum Wohlfühlfaktor beitragen, sondern auch die Effizienz der Mitarbeiter steigern.Human Centric Lighting im Büro

Foto: Herbert Waldmann GmbH & Co. KG

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Der biologische Rhythmus des Menschen wird entscheidend von dem Verlauf des Sonnenlichtes beziehungsweise der sich ändernden Helligkeit und Lichtfarbe geprägt. Dies hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass der Alltag und die Arbeitszeiten weitgehend daran angepasst strukturiert sind. Allerdings sind heutige Arbeitsplätze meist in Gebäuden untergebracht, also ohne direkte Sonneneinstrahlung, so dass sich der Mensch doch eher selten unter freiem Himmel aufhält. Demnach ist der Versuch, diesem Umstand durch künstliche Beleuchtung entgegenzuwirken, durchaus angebracht. Was bei einer einfachen Beleuchtungslösung jedoch letztendlich fehlt, sind die unterschiedlichen Lichtfarben, Intensitäten und Lichtrichtungen der natürlichen Sonne. Diese Faktoren haben einen entscheidenden Einfluss auf den biologischen Rhythmus beziehungsweise auf das Zusammenspiel des Lichts mit dem menschlichen Körper.

Gerne wird dieses auf die Lichtfarbe reduziert und versucht, durch gesteuerte Lichtfarben zwischen Warmweiß (~2.700 Kelvin) und Tageslichtniveau (~6.500 Kelvin) zu kompensieren. Dabei geht es in erster Linie um die Menge der Blauanteile im Licht, die dafür zuständig sind, dass die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin bei hohen Anteilen geblockt beziehungsweise bei geringer Menge gefördert wird. Gleichzeitig erfolgt bei blauem Licht eine Anregung der Aktivität des Stresshormons Cortisol. Das alles führt zu erhöhter Wachsamkeit, Konzentrationsfähigkeit und einem gesteigerten Gefühl der allgemeinen Fitness. Im Verlauf des Tages ändert sich die Lichtfarbe in einen wesentlich wärmeren Farbton, so dass es zu einer Umkehrung dieser Effekte kommt und in den Abendstunden für innere Ruhe sorgt und dadurch unbewusst auf die anstehende Schlafphase vorbereitet.

Warum Human Centric Lighting im Büro?

Besonders im Büro und an Bildschirmarbeitsplätzen ist eine gute Beleuchtungslösung entscheidend für das Wohlbefinden der Mitarbeiter. Angemessenes Licht steigert die Konzentrationsfähigkeit und wirkt aktiv der frühzeitigen Ermüdung entgegen. Faktoren wie Blendungsbegrenzung, Beleuchtungsstärke und Beleuchtungsqualität sind dafür entscheidende Kriterien. Normen geben hier Orientierungshilfe, sind jedoch nicht als Optimalzustand zu bewerten. Vielmehr stellen sie eine minimale Untergrenze für eine wirkungsvolle Beleuchtung dar. Die vielfältigen Entwicklungen der Human Centric Lighting (HCL) Lichttechnik bieten neue Möglichkeiten, die der Lichtinstallation ein wesentlich bedeutsameres Gewicht verleihen. Dabei sind die unterschiedlichen Wirkungen des Lichts auf den biologischen Rhythmus von elementarer Bedeutung und lassen sich besonders in Büros und Arbeitsumgebungen sinnvoll einsetzen.

Der Ansatz: Human Centric Lighting versucht hierbei, das fehlende Tageslicht in geschlossenen Räumen durch den Einsatz steuerbaren Lichts zu ersetzen. Dabei wird sowohl die Intensität als auch die Lichtfarbe den jeweiligen Bedürfnissen der zu erledigenden Arbeit und des Zeitpunktes angepasst. Insbesondere am frühen Nachmittag bis Abend kann so durch den Einsatz entsprechender Helligkeit und kalter Lichtfarbe die Konzentration und Vitalität der Mitarbeiter erhalten werden. Was wie eine unterbewusste Manipulation klingt, dient nicht alleine dem Arbeitgeber, der auf diesem Weg nicht nur versucht, Höchstleistungen seiner Mitarbeiter zu gewährleisten. Es ist vor allem auch der allgemeinen Motivation der Arbeitnehmer förderlich, deren Umfeld sich durch eine automatische Lichtsteuerung für die zu erledigende Arbeit optimiert anpasst. Der Aufenthalt am Arbeitsplatz gestaltet sich durch die gestiegene Konzentrationsfähigkeit angenehmer, Ermüdungserscheinungen wird entgegengewirkt, das allgemeine Wohlbefinden gesteigert und auch eine Reduzierung der Ausfälle durch Krankheit erreicht.

avigo Stehleuchten von Waldmann
Biodynamisches Licht direkt am Arbeitsplatz fördert die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter und unterstützt das Wohlbefinden. Auf dem Bild zu sehen: die Lavigo Stehleuchten von Waldmann. Foto: Bayer Basel

Faktoren für die Büroraumplanung mit HCL

Dies betrifft letztendlich alle Bereiche, in denen zeitintensive und konzentrierte Arbeiten zu erledigen sind – vom Bildschirmarbeitsplatz über den Zeichentisch bis hin zum Konferenzraum. Doch allein die Steuerung der Lichtfarbe und der Helligkeit in Abhängigkeit zum Außenlichtanteil genügt nicht, um ein wirklich biologisch wirksames Licht zu erzeugen. Auch die Lichtverteilung im Raum und die Richtung, aus der es den Raum beleuchtet, sind entscheidend für eine effektive HCL-Lichtlösung. Denn im Freien nimmt diffuses Himmelslicht einen großen Teil im Gesichtsfeld des Menschen ein und sollte entsprechend simuliert werden. Eine großflächige Beleuchtung im oberen Halbraum ist demnach wünschenswert, da diese die untere Hälfte der Netzhaut, in der sich die meisten lichtsensitiven ipRGC (intrinsische photosensitive retinale Ganglienzellen) befinden, am besten erreicht. Alle drei Faktoren – Lichtfarbe, Lichtintensität und Lichtrichtung – müssen daher bei einer anspruchsvollen und seriösen Lichtplanung hinsichtlich einer HCL-Beleuchtung berücksichtigt werden, um der Wirkung des Sonnenlichtes auch nur annähernd zu entsprechen. Die „Regeln“, die für die richtige Beleuchtungslösung eines Büros gelten, lassen sich größtenteils auch auf Lernstätten wie Schulen und Seminareinrichtungen übertragen – allerdings mit der Besonderheit, dass dort gewisse Bereiche, wie die Tafel oder andere Projektionsflächen, separat beachtet werden müssen.

Welche lichttechnischen Varianten sind die passenden?

Die Möglichkeiten und Erkenntnisse, mit einer bewusst gewählten künstlichen Beleuchtung das Wohlbefinden spürbar zu steigern, sind nicht unbedingt neu, erhalten aber durch die technischen Möglichkeiten moderner LED-Beleuchtungsanlagen neuen Auftrieb. Durch ein stetig ansteigendes Gesundheitsbewusstsein scheint der Bedarf auch tatsächlich gegeben zu sein – selbst wenn es noch einige Hürden zu nehmen gilt, bis diese Königsklasse der Lichtsteuerungen den endgültigen Durchbruch erzielt. Am Markt sind inzwischen so viele Produkte für den Einsatz biologisch wirksamen Lichts vorhanden, dass es schwerfällt, sich hier für die richtigen Lösungsansätze zu entscheiden. Doch wie in allen anderen Segmenten professioneller Beleuchtungsanlagen gibt es keine allgemeingültigen Regeln, die sich auf alle Voraussetzungen und Bedürfnisse der jeweiligen Einsatzorte anwenden lassen. Oftmals ist nur die Kombination unterschiedlicher Lichtlösungen eine adäquate Lösung.

Besprechungsräume
Insbesondere in Besprechungsräumen ist der Einsatz steuerbarer Lichttechnik sinnvoll, um das Arbeiten zu erleichtern. Foto: Grimmeisen Licht GmbH

Bedenkt man die Anforderung, dass es wünschenswert ist, den Himmel beziehungsweise das Sonnenlicht zu ersetzen, so wären wohl homogene Lichtdecken oder wenigstens große Lichtinseln die erste Wahl, um dies erfolgreich zu simulieren. Doch das ist weder immer möglich noch gewünscht, da auch der Bedarf nach Design und individueller Gestaltung Berücksichtigung finden sollte. Trotzdem gilt, dass sich für den Moment der Konzentrationsphasen – also die Beleuchtung mit möglichst hohen Blauanteilen – großflächige Lichtquellen besonders eignen, um eine Schattenbildung weitgehend zu vermeiden, die dem Anspruch entgegenwirken würde. Spannende Inszenierungen, die mit kleinen und hellen Lichtquellen für eine Steigerung der Dynamik sorgen, sind in diesem Bereich der Lichtsteuerung eher unerwünscht.

Für bestimmte Sehaufgaben kann aber durchaus eine solitäre Lösung zusätzlich zu der Allgemeinbeleuchtung erforderlich sein, also beispielsweise eine Tisch- oder Arbeitsleuchte. Ansonsten wäre die Verteilung der Lichtanteile in mehrere Lichtquellen notwendig, um ein homogenes Gesamtbild zu erzeugen. Dies können sowohl Steh-, Pendel- als auch Wandleuchten sein, die möglichst auch mit einem indirekten Anteil das Licht im Raum großzügig verteilen und so wenig dunkle Zonen übrig lassen. Die meisten Steh- und Pendelleuchten für den Bürobereich verfügen über individuell steuerbare direkte und indirekte Lichtanteile, so dass jede notwendige Lichtsituation geschaffen werden kann.

Luctra biologisch wirksames Licht
Luctra, eine Marke des Herstellers für Büroorganisationsbedarf Durable, bietet biologisch wirksames Licht für verschiedene Verwendungsmöglichkeiten an, z. B. als solitäre Tischleuchte. Foto: Durable Hunke & Jochheim GmbH & Co. KG (Bild: AMX GmbH)

Welches Lichtsystem für die Lichtsteuerung?

Bei der Wahl der Steuerungstechnik spielen zunächst die baulichen Gegebenheiten eine Rolle: Handelt es sich um einen Neubau, in dem eventuell notwendige Steuerungsleitungen von Beginn an eingeplant und so problemlos verlegt werden können? Oder erscheint aufgrund der baulichen Voraussetzungen eine kabellose Lichtsteuerung per Funk als sinnvoller? Beides hat sowohl Vor- und Nachteile, die jedoch durch die äußeren Umstände vorgegeben sind. Des Weiteren besteht oftmals die Wahl zwischen fertig konfigurierten und flexibel zu programmierenden Lichtsystemen. Auch hier muss mit dem Bauherrn zusammen abgewogen werden, was für den jeweiligen Einsatz wünschenswert ist. Eine fertige Programmierung bietet im Auslieferungszustand nicht die gleiche Flexibilität, ist jedoch vor Fehlprogrammierung geschützt und gewährt so für den Einstieg in die neue Technik mehr Sicherheit und geringeren Installationsaufwand. Eine flexible Lösung verhält sich entsprechend gegenteilig: Erhöhter Aufwand und potenzielle Fehlerquellen durch falsche Handhabung stehen in Konkurrenz zu einer möglichst flexiblen Individualität. Dabei ist zu beachten: Eine nicht korrekt eingestellte HCL-Lösung kann sich durchaus negativ auf die gewünschten Effekte auswirken und so im schlimmsten Fall zu einer Verschlechterung der allgemeinen Lichtbedingungen führen.

Wissen über die Wirkungsweise von HCL ist wichtig

Die vielleicht größte Hürde, die beim Einsatz einer Human-Centric-Lighting-Lösung zu nehmen ist, stellen jedoch die Personen dar, die mit einer solchen Lichtlösung am Arbeitsplatz konfrontiert werden. Denn die neue künstliche Beleuchtung entspricht eventuell nicht den persönlichen Gewohnheiten und Vorlieben, die individuell stark voneinander abweichen können – eben wie auch der individuelle Biorhythmus. Gerade in Großraumbüros beziehungsweise offenen Bürowelten führen die Lichtverhältnisse daher nicht selten zu Diskussionen zwischen den verschiedenen Nutzern dieser Räumlichkeiten. Ein erster wichtiger Schritt wäre hier, die Mitarbeiter über die positiven Eigenschaften und die Wirkungsweise einer solchen HCL-Beleuchtungsanlage aufzuklären, um den Gewöhnungsprozess möglichst problemlos zu gestalten. Denn auf den ersten Blick empfinden die meisten Menschen kaltes Licht als unangenehm, da es nicht der Gewohnheit und dem Faktor „Gemütlichkeit“ entspricht. Doch genau das soll es eben auch nicht. Eine vom Licht her entspannende Situation – wie sie beispielsweise mit warmen Lichtquellen im privaten Wohnzimmer vorherrscht – ist für eine Umgebung, in der konzentriert gearbeitet werden soll, weder für den Arbeitgeber noch für den Arbeitnehmer sinnvoll und förderlich. Wenn sich dieses Bewusstsein in den Köpfen der Anwender und Verantwortlichen durchsetzt, so steht einer modernen und vor allem auch gesunden Beleuchtungsanlage mit biologisch wirksamem Licht nichts im Wege.

 

Mischlichtsituationen sollten vermieden werden

Eine weitere sinnvolle Maßnahme sind gerade in Großraumbüros zusätzliche solitäre Stand- oder Tischleuchten, die vom Anwender individuell nach Bedarf kontrolliert werden können. Sind diese nicht nur mit Helligkeitssensoren ausgestattet, sondern auch mit einer Anwesenheitssensorik, ergeben sich außerdem wertvolle Einsparungen im Bereich der Energieressourcen und der Kosten. So komfortabel der individuelle Eingriff in ein bestehendes HCL-System im ersten Moment auch klingen mag, so ist diese Form der Einflussnahme jedoch mit entsprechender Vorsicht zu genießen: Denn im schlimmsten Fall wird die Wirkungsweise der wohldurchdachten Beleuchtungsanlage dadurch außer Kraft gesetzt beziehungsweise der positive Effekt auf Kosten von persönlichen Befindlichkeiten, die nicht unbedingt dem Grundgedanken einer gesunden Beleuchtung folgen müssen, geschmälert.

Luctra Vitawork
Mit Vitawork hat Luctra zur Light + Building 2018 eine Stehleuchte speziell für offene Bürowelten präsentiert: Sie verfügt sowohl über direktes als auch indirektes Licht zur Ausleuchtung des Arbeits- und Umgebungsbereiches. Foto: Durable Hunke & Jochheim GmbH & Co. KG

Verändern einige Nutzer in Eigenregie beispielsweise die Lichtfarbe, so kann dies durchaus negative Auswirkungen auf das Gesamtkonzept haben. Denn die daraus resultierende Mischlichtsituation wirkt eher störend auf die Konzentrationsfähigkeit aller Mitarbeiter und keineswegs förderlich. Ändert jeder Nutzer individuell die Helligkeit seiner „Beleuchtungsinsel“, so können eventuell vorher geplante Einspareffekte ebenso zunichte gemacht werden, da sich dann gegebenenfalls der Zustand der Vergangenheit einschleicht, und trotz fehlender Notwendigkeit bleibt die Beleuchtung aus Bequemlichkeit oder Vergesslichkeit auf einem unnötig hohen Niveau. Und genau diese Unsicherheitsfaktoren sollen durch die Automatisierung und den Ausbau in ein biologisch wirksames Licht vermieden werden. Dass bei außergewöhnlichem Bedarf, den die Automatik verständlicherweise nicht unbedingt erkennen kann, eine manuelle Regelung und individuelle Lichtszenarien nötig sind, steht außer Frage. Wichtig ist nur, dass dies mit Sinn und Verstand erfolgt. Hier ist das Verständnis und Verantwortungsbewusstsein jedes Einzelnen gefordert, um im Team den bestmöglichen Nutzen einer komplexen Lichtanlage genießen zu können.

Autor: Alexander Schwarz

 

Überblick Leuchten und deren Einsatzgebiete für Human Centric Lighting

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Grundlagen: Lichtsysteme für die Lichtsteuerung

Wer detailliert in die Thematik der verschiedenen Systeme für die Lichtsteuerung eintauchen möchte, findet bei unserem Schwestermagazin PROFESSIONAL SYSTEM eine Reihe ausführlicher Beiträge zum Thema. Neben Steuerungssystemen wie DALI, DMX und KNX gibt es hier auch Informationen zu verschiedenen Funksteuerungssystemen wie Zigbee, Z-Wave, EnOcean und endiio.

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