Nicht nur einfach eine Zeile

Kling & Freitag PIA M Zeilenlautsprecher im Test

Nicht nur einfach eine Zeile: Im PIA M lassen sich Mittel- und Tieftonweg sehr analog auf cardioides Abstrahlverhalten schalten. Aber auch die Hochtoneinheit vertraut für vertikale Öffnungswinkel von 5° bis 25° auf eine budget-freundliche Methode: Hier werkelt nochmals pfiffige Mechanik.

Kling & Freitag PIA M in schwarz und weiß(Bild: Kling & Freitag)

Inhalt dieses Tests:

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Zeilenlautsprecher befinden sich in den verschiedensten Varianten auf dem Markt. Beginnend bei einfachen passiven Zeilen mit Breit­bandchassis bis hin zu High-Tech-DSP-Zeilen gibt es eine große Spannweite von Produkten, was sich in der technischen Ausfüh­rung wie auch im Preis widerspiegelt.

Kling & Freitag PIA M
Ausstellungsmuster zur Verdeutlichung des Innenlebens mit passiver Weiche (oben/unten) und dem mittigen Hebel auf der Rückseite, der die Zellen des Hochtonmoduls mechanisch im Öffnungswinkel verschiebt (Bild: Anselm Goertz)

Wie man aus der Erfahrung weiß, ist nicht unbedingt die Bau­form, sondern das Abstrahlverhalten eines Lautsprechers eine der wichtigsten Eigenschaften, die über Erfolg oder Misserfolg einer Beschallungsaufgabe entscheiden. Gemeinsam haben alle Zeilen die Eigenschaft, horizontal breit und vertikal eng abzustrahlen. Dar­über hinaus beginnt dann die Differenzierung zwischen den einfachen Modellen mit aufgereihten kleinen Chassis und den DSP-gesteuerten Zeilen, die sich mit viel technischem Aufwand und ei­ner zugehörigen Software an die gegebenen akustischen Verhält­nisse anpassen lassen. Entsprechend groß sind auch die preislichen Unterschiede, die von wenigen hundert Euro bis zu deutlich fünf­stelligen Beträgen reichen können.

Obwohl die Vorzüge der DSP-gesteuerten Zeilen, oft auch in Mehrwegetechnik, auf der Hand liegen, werden die hohen Kosten oft zu einem Problem. Bei Festinstallationen kommen dann noch die manchmal schwierig zu erfüllenden Anforderungen nach einem Strom- und Netzwerkanschluss hinzu. Auch bei Kling & Freitag kennt man diese Problematik. Mit dem VIDA hat man eine große und hoch komplexe DSP-Zeile im Programm. Der Gedanke lag aber nahe, ob sich nicht auch eine passive Lösung finden ließe. Die ist zwar insgesamt weniger flexibel, könnte aber für einen Großteil der Anwendungsfälle passend ausgelegt sein. Sie kommt den Anwendern entgegen, die nicht unbedingt eine DSP-Variante benötigen (oder installieren können).

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PIA: Passive Intelligent Array

Die Konsequenz daraus ist die PIA M. Das „I“ im Passive Intelligent Array bezieht sich aber wohl weniger im Sinne von KI (künstlicher Intelligenz) auf den Lautsprecher als auf die Entwicklung mit NI – „natürlicher Intelligenz“. Dank Letzterer haben die Entwickler bei Kling & Freitag alle wichtigen Ei­genschaften, die für eine gute Beschallung auch in akustisch schwierigem Umfeld benötigt werden, in der PIA M vereint. Wie das „M“ hinter der Typenbezeichnung PIA schon andeutet, wird es vermutlich in naher Zu­kunft auch noch andere Baugrößen mit Size „S“ oder „L“ geben.

Aufgebaut ist die PIA M als 3-Wege-System mit vier Tieftönern, zwei Mitteltönern und vier Hochtönern mit passiver Trennung. Jeder Weg hat zudem eine Besonderheit aufzuweisen: Die Tieftöner können wahlweise als Bassreflex- oder als Cardioid-System betrieben werden, die Mitteltöner sind ebenfalls als Cardioid ausgeführt, und die kleine Hochtonzeile mit vier Treibern und Waveguides kann mechanisch in ihrer Krümmung so einge­stellt werden, dass ein asymmetrischer Abstrahlwinkel von 5°, 15° oder 25° möglich wird. Durch die Anordnung der Chassis auf der Front mit au­ßen liegenden Tieftönern und einer mittig anordneten Mittel-/Hochton­einheit gelingt es, das vertikal enge Abstrahlverhalten über einen weiten Frequenzbereich umzusetzen. Die cardioide Abstrahlung der Tief- und Mitteltöner sorgt zudem dafür, dass bei tiefen Frequenzen auch in der Horizontalen noch eine ausgeprägte Richtwirkung vorhanden ist, was ins­besondere in halligen Räumen und beim Einsatz vieler Mikrofone auf der Bühne deutliche Vorteile bringt.

Das alles befindet sich in einer 1,2m langen, schlanken Zeile mit nur 12 kg Gewicht und mit dem ganz entscheidenden Vorzug der rein passi­ven Betriebsart. Grundsätzlich könnte die PIA M so mit jedem Verstärker und bei Bedarf auch mit 100-V-Übertrager betrieben werden. Kling & Frei­tag empfiehlt aber dringend einen der empfohlenen Systemverstärker. Sie sind schon mit passenden Setups für die diversen Konfigurationsmöglich­keiten der PIA M ausgestattet. Die Systemverstärker bei Kling & Freitag stammen vom schwedischen Hersteller Lab.gruppen, von dem die Modelle der Serien PLM+, D und IPX als K&F-Version zur Auswahl stehen. Passend zur Belastbarkeit der PIA M und dem gewünschten Pegel dürften die IPX-Modelle die bevorzugte Wahl sein. Das alles gibt es in einer roadtauglichen Ausführung für einen erfreulich günstigen Listenpreis von 2.680 € netto. Da stellt sich die Frage, was die PIA M im Vergleich zu einer DSP-Zeile nicht kann. Für eine faire Gegenüberstellung darf man daher nicht verschwei­gen, dass die PIA M nicht kaskadiert werden kann, nicht ganz so flexibel und perfekt im Beamforming ist und natürlich auch keine mehrfachen Be­ams ausbilden kann. Für 90% der üblichen Beschallungsaufgaben mit Reichweiten bis zu 25m und einer weitgehend ebenen Publikumsflä­che bringt die PIA M jedoch alle gewünschten Eigenschaften mit.

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Detaillierte Messungen der drei Wege

Im Messlabor wurde die PIA M zunächst nach Wegen separiert betrachtet. Die passive Weiche wurde dazu abgeklemmt, so dass der Messverstärker direkt am Tief-, Mittel- und Hochtonweg angeschlossen werden konnte. Die jeweils nicht gemessenen Wege werden bei dieser Art der Messung kurzgeschlossen, da sie sonst als Resonanzabsorber wirken würden. ABB. 1 zeigt die so gemessenen Frequenzgänge mit Angabe der Sensitivity, bezogen auf 2,83 V / 1 m. Die Tieftöner wurden in beiden Betriebsarten gemessen, wo sich gut erkennen lässt, dass der Cardioid-Modus (orange Kur­ve) unterhalb von 200Hz mit einem merklichen Verlust in der Sensitivity einhergeht. Die Mitteltoneinheit, eben­falls als Cardioid-System, deckt den Frequenzbereich von 500Hz bis 5kHz gleichmäßig ab und erreicht da­bei im Mittel zwischen 600Hz und 3kHz eine Sensitivi­ty von 93dB. Die Hochtoneinheit, bestehend aus vier Hochtönern, wurde für die drei Einstellungen für 5°, 15° und 25° Öffnungswinkel gemessen. Die abgebilde­ten Frequenzgänge wurden aufgrund des asymmetri­schen Abstrahlverhaltens unter Winkeln von 0°, –6° und –10° gemessen. Im Maximum zwischen 3 und 6kHz erreicht die Hochtoneinheit eine beachtliche Sen­sitivity von über 110dB, die dann zu höheren Frequen­zen hin weitgehend gleichmäßig auf 100dB bei 20kHz abfällt.

Frequenzgänge und Sensitivity der drei Wege in der Kling & Freitag PIA M
ABB. 1: Frequenzgänge und Sensitivity der drei Wege in der PIA M; für den LF-Weg gibt es die Optionen Bassreflex oder Cardioid und für den HF-Zweig die Öffnungswinkel von 5 , 15 oder 25 vertikal. (Bild: Anselm Goertz)

Das passive Filter in der PIA M beschränkt sich primär auf die Funktion der Hoch- und Tiefpassfilter (Abb. 2), ohne eine weitere Entzerrung der einzelnen Wege vor­zunehmen. Diese geschieht für das System im Ganzen im Systemverstärker auf der aktiven Seite.

Kling & Freitag PIA M, Filterfunktionen der internen passiven Weiche
ABB. 2: Filterfunktionen der internen passiven Weiche für die drei Wege. Im LF-Weg kommt es durch die Impedanzrückwirkung zu kleinen Unterscheid im Verlauf für die Bassreflex- oder Cardioid-Variante. (Bild: Anselm Goertz)

Die drei Wege zusammen mit den internen passiven Filtern ergeben die Kurvenverläufe aus ABB. 3. Die Über­gangsfrequenzen liegen bei 500Hz und bei 3kHz. Summiert man die drei Wege, dann entstehen die Ge­samtfrequenzgänge aus ABB. 4, wo es die Kurven für den Bassreflex- und Cardioid-Modus sowie für die drei Einstellungen der Hochtoneinheit gibt. Ohne Kenntnis der vorherigen Grafiken wäre es nicht möglich, aus den Gesamtfrequenzgängen die Trennfrequenzen zu erken­nen, was ein gutes Indiz dafür ist, dass sich die drei Wege in den Übergangsbereichen in Phase befinden und sich ohne Auslöschungen addieren.

Frequenzgänge und Sensitivity der drei Wege in der Kling & Freitag PIA M gemessen
ABB. 3: Mit internen passiven Filtern Frequenzgänge und Sensitivity der drei Wege in der PIA M gemessen (Bild: Anselm Goertz)
Gesamtfrequenzgänge und Sensitivity Kling & Freitag PIA M
ABB. 4: Gesamtfrequenzgänge und Sensitivity der PIA M für die Bassreflex- oder Cardioid-Variante und für Einstellungen der Hochtoneinheit auf 5 , 15 und 25 (Bild: Anselm Goertz)

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Controller und Amping

Auf den zugehörigen Systemverstärkern gibt es für die PIA M zwei grundsätzliche Arten von Setups für den Bass­reflex- und den Cardioid-Modus. Für beide Setups gibt es dann noch die Option Low-Cut, die im Zusammenspiel mit einem Subwoofer auszuwählen wäre. Zusätzlich kön­nen in allen Varianten noch Overlays zur Anpassung im Hochtonbereich in Abhängigkeit vom Öffnungswinkel eingestellt werden. ABB. 5 zeigt die im Controller reali­sierten Filter. Das Filter für den Cardioid-Modus (blaue Kurve) kompensiert den Pegelverlust bei tiefen Frequen­zen teilweise, muss dafür aber auch etwas früher bei der Hochpassfilterung zum Schutz der Treiber einsetzen. Das Low-Cut-Filter (grüne Kurve) ist ein als Overlay eigesetztes Low-Shelf-Filter mit einem –6-dB-Punkt bei 100Hz und einer maximalen Absenkung der tiefen Frequenzen von 12dB. Für die Anpassung des Hochtöners in Abhängig­keit vom Öffnungswinkel sind lediglich leichte Korrektu­ren von maximal 2–3dB im Verlauf erforderlich.

Filterfunktionen im zugehörigen Verstärker mit Controller, Kling & Freitag PIA M
ABB. 5: Filterfunktionen im zugehörigen Verstärker mit Controller (Bild: Anselm Goertz)

Für die kleineren Systemverstärker der IPX-Serie emp­fiehlt man bei Kling & Freitag, maximal zwei PIA M an einem Ausgang parallel zu betreiben; für die größeren PLM-Modelle maximal drei. Die nominell als 8-Ω-System spezifizierte Box weist in der Impedanzmessung im Be­reich um 100Hz je nach Betriebsmodus ein Minimum von 4,3Ω bzw. 5Ω auf, was bei einer Nennimpedanz von 8Ω streng betrachtet nicht statthaft ist. Es relativiert sich aber auch wieder, da der Frequenzbereich, wo der zulässige Minimalwert von 6,4Ω unterschritten wird, doch eher schmal ausfällt. Trotzdem sollte man diesen Sachverhalt im Hinterkopf behalten.

Der elektrische Anschluss der PIA M erfolgt entweder über eine der beiden NL4-Speakon-Buchsen oder alternativ über Phoenix-Klemmen.

Impedanzverläufe der PIA M im Bassreflex- und Cardioid-Modus
ABB. 6: Impedanzverläufe der PIA M im Bassreflex- und Cardioid-Modus; das mit 4,3 bzw. 5 Ω relativ niedrige Impedanzminimum gilt es bei Parallelschaltungen zu beachten. (Bild: Anselm Goertz)

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Über alles betrachtet

Waren die bisherigen Diskussionen über die Messwerte der einzelnen Wege und deren Filter noch von eher aka­demischer Natur, dann geht es jetzt um die Messwerte des PIA-M-Systems im Ganzen, so wie es der Anwender erfährt. ABB. 7 zeigt dazu die Frequenzgänge für die bei­den Modi Bassreflex und Cardioid jeweils mit den Einstel­lungen der Hochtoneinheit auf 5°, 15° oder 25°. Bei einem insgesamt sehr geradlinigen Verlauf liegt die untere Eckfrequenz (–10dB) bei 80Hz bzw. 97Hz. Zu den Höhen hin gibt es einen leichten Anstieg der Kurven um 2–3dB, der im Hin­blick auf die zu erwartenden Be­schallungsentfernungen und die Luftdämpfung bei hohen Fre­quenzen gut passt.

Frequenzgänge mit Controller gemessen im Bassreflex- bzw. Cardioid-Modus, Kling & Freitag PIA M
ABB. 7: Frequenzgänge mit Controller gemessen im Bassreflex- bzw. Cardioid-Modus und für Einstellungen des Hochtöners auf 5 , 15 und 25 (Bild: Anselm Goertz)

Die zugehörigen Phasengänge aus ABB. 8 lassen über den ge­samten Frequenzbereich eine Phasendrehung von 3 × 360° er­kennen, was dem minimalphasi­gen Anteil der eingesetzten Filter entsprechen dürfte. FIR-Filter, mit denen man auch den Phasen­gang der Box im Ganzen entzer­ren könnte, wurden im ersten Entwicklungsschritt noch nicht verwendet. Da die Systemver­stärker in der Lage sind, FIR-Filter zu rechnen, ist für die Zukunft auch mit einer Umsetzung mit li­nearphasigen Modulen zu rech­nen. Ein Blick auf das Spektro­gramm aus ABB. 9 zeigt jedoch, dass die PIA M auch ohne Pha­senentzerrung schon ein fast perfektes Ausschwingverhalten erreicht. Über den gesamten Fre­quenzbereich ist keine auch noch so kleine Resonanz zu er­kennen. Das längere Nach­schwingen zu tiefen Frequenzen entsteht durch den Anstieg der Gruppenlaufzeit, der unvermeid­lich mit den akustischen und elektrischen Hochpassfunktionen einhergeht.

Phasengänge mit Controller gemessen im Bassreflex- bzw. Cardioid-Modus, Kling & Freitag PIA M
ABB. 8: Phasengänge mit Controller gemessen im Bassreflex- bzw. Cardioid-Modus (Bild: Anselm Goertz)
Spektrogramm der Kling & Freitag PIA M
ABB. 9: Spektrogramm der PIA M im Bassreflex-Modus, das Diagramm zeigt ein perfektes Ausschwingverhalten ohne erkennbare Resonanzen. (Bild: Anselm Goertz)

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Horizontale Directivity

Kommen wir mit dem Thema Directivity zu einer der wichtigsten Disziplinen der PIA M. Das Datenblatt gibt dazu einen nominellen Abstrahlwinkel von 100° × 5°–25° (asymmetrisch, verstellbar) an, was durch vier Grafiken mit Isobaren noch etwas detaillierter umschrieben wird.

In unserem Messlabor wurden die Isobaren für beide Modi mit allen Öffnungswinkeln der Hochtöner bei 8m Messentfernung mit 2° Auflösung in hoher Präzision nach­gemessen. ABB. 10 und 11 zeigen dazu zunächst die Iso­baren für das horizontale Abstrahlverhalten als Bassreflex­system und im Cardioid-Modus.

Horizontale Isobaren der PIA M im Bassreflex-Modus, Kling & Freitag PIA M
ABB. 10: Horizontale Isobaren der PIA M im Bassreflex-Modus (Bild: Anselm Goertz)
Horizontale Isobaren der Kling & Freitag PIA M
ABB. 11: Horizontale Isobaren der PIA M, nun im Cardioid- Modus – unterhalb von 500 Hz ist die Wirkung des Cardioid-Prinzips im Vergleich zu Abb. 10 sehr gut zu erkennen. (Bild: Anselm Goertz)

 

Mitteltöner mit seitlicher Abstrahlung von dessen Rückseite durch eine Schicht Basotect
Mitteltöner mit seitlicher Abstrahlung von dessen Rückseite durch eine Schicht Basotect; damit wird ein cardioides Abstrahlverhalten erreicht. (Foto eines Prototypenmusters) (Bild: Anselm Goertz)

Oberhalb von 500Hz verlaufen die Isobaren beider Va­rianten nahezu identisch, da hier die Betriebsart des Tieftöners keine Auswirkung mehr hat. Die Mitteltoneinheit arbeitet als cardioides System und das horizontale Ab­strahlverhalten der Hochtöner wird durch deren Wavegui­des definiert. Betrachtet man die sehr schön gleichmäßig verlaufenden –6-dB-Isobarenlinien, dann könnte man den horizontalen Öffnungswinkel je nach Betrachtungsweise mit 120° oder weiter gemittelt auch mit 100° beschrei­ben. Große Unterschiede zwischen den beiden Modi gibt es unterhalb von 500Hz, wo sich in der Bassreflex-Vari­ante der Öffnungswinkel in der üblichen Weise auf 360° aufweitet. Als Cardioid betrieben fallen die Isobaren hier deutlich anders aus und weiten sich auch bei tiefen Fre­quenzen nur bis maximal ±120° auf. Die rückwärtige Ab­strahlung bei 180° ist gegenüber der Vorderseite jetzt um 12dB abgeschwächt, woraus sich in akustisch schwieri­gen Räumen und in puncto Feedback-Neigung große Vorzüge ergeben.

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Vertikale Directivity

Für die vertikale Ebene stellen sich die beiden Modi ähnlich dar, jedoch nicht in so ausgeprägter Form, da hier schon durch die Länge der Zeile mit 1,20m eine deutlich stärker ausgeprägte Richtwirkung vorliegt, die sich dem cardioiden Verhalten überlagert. ABB. 12 und 13 zeigen dazu die Messungen für beide Modi in der vertikalen Ebene.

Vertikale Isobaren der Kling & Freitag PIA M
ABB. 12: Vertikale Isobaren der PIA M im Bassreflex- Modus bei 25 Öffnungswinkel für den Hochtöner (Bild: Anselm Goertz)
Vertikale Isobaren Kling & Freitag PIA M im Cardioid-Modus bei 25° Öffnungswinkel
ABB. 13: Vertikale Isobaren der PIA M im Cardioid-Modus bei 25 Öffnungswinkel für den Hochtöner (Bild: Anselm Goertz)

Am deutlichsten werden die Unterschiede bei 180°, wo dann auch wieder ca. 12dB Dämpfung für den Cardioid-Modus zu erkennen sind. Die Mitteltoneinheit öffnet sich in der Vertikalen gegenüber den Tieftönern und der Hochtoneinheit mit 60° bis 100° etwas weiter. Oberhalb von 3kHz bestimmen dann die Hochtöner den Öffnungs­winkel, der sich mit einer kleinen Mechanik von der Rück­seite der Box einstellen lässt. Die vorgegebenen Werte sind 5°, 15° und 25°. Die variable Einstellung wird da­durch ermöglicht, dass die vier Hochtöner mit ihren Wave­guides wie ein Mini-Line-Array aufgebaut sind und sich über die kleine Mechanik im Innern der Box im Curving verstellen lassen. Kling & Freitag hat diese gut funktionie­rende und einfache Methode zum Patent angemeldet. Die Grafiken mit den Isobaren aus ABB. 13 bis 15 zeigen die Messungen für Einstellungen der Hochtoneinheit auf 25°, 15° und 5°, die sich hier gut nachvollziehen lassen.

Vertikale Isobaren der Kling & Freitag PIA M im Cardioid-Modus bei 15° Öffnungswinkel
ABB. 14: Vertikale Isobaren der PIA M im Cardioid-Modus bei 15 Öffnungswinkel für den Hochtöner (Bild: Anselm Goertz)
Vertikale Isobaren der PIA M im Cardioid-Modus bei 5° Öffnungswinkel
ABB. 15: Vertikale Isobaren der PIA M im Cardioid-Modus bei 5 Öffnungswinkel für den Hochtöner (Bild: Anselm Goertz)

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Maximalpegel der PIA M

Hochtoneinheit als Mini Line-Array
Hochtoneinheit als Mini Line-Array mit mechanisch einstellbarem Öffnungswinkel von 5 , 15 oder 25 (Foto eines Prototypenmusters) (Bild: Anselm Goertz)

Die ersten Messungen zum Thema Maximalpegel wurden mit der Sinusburst-Methode durchgeführt. Bei dieser Messung werden Sinusbursts mit einer Länge von 171ms bis 683ms auf den Lautsprecher geschickt und der ge­messenen Schalldruck anschließend auf seine Verzerrungs­anteile hin bewertet. Aus dem via FFT in den Frequenzbe­reich übertragenen Messsignal können der Pegel und die harmonischen Verzerrungen (THD) abgeleitet werden. Die Messung überstreicht in 1/6-Oktav-Schritten den gesam­ten Frequenzbereich des Lautsprechers, der hier auf 70Hz bis 10kHz definiert wurde. Oberhalb von 10kHz er­folgt keine Auswertung mehr, da alle harmonischen Verzerrungsanteile dann schon außerhalb des hörbaren Frequenz­bereiches liegen. Eine solche Burstmessung ist eine typische Labormessung, mit der sich fre­quenzabhängige Schwachstellen gut erkennen lassen. Die Mes­sung verläuft so, dass das Mess­system den Pegel in 1-dB-Stufen so lange erhöht, bis ein definier­ter Verzerrungsgrenzwert erreicht ist, wo dann der Schalldruckpegel als Messwert festgehalten wird. Die Verzerrungsgrenzwerte dieser Messung werden für Beschal­lungslautsprecher in unseren Tests zu 3% und 10% definiert. Als weitere Abbruchkriterien kön­nen die Detektion eines Limiters oder auch ein maximaler Leis­tungswert festgelegt werden.

Bassreflexsystem oder Cardioid
Bassreflexsystem oder Cardioid. Drehbare Abdeckplatte auf der Rückseite zu Wahl des Betriebsmodus für die Tieftöner (Bild: Anselm Goertz)

ABB. 16 zeigt die Sinusburst-Mes­sung für die PIA M als Bassreflex­system und als Cardioid. Die PIA M erreicht bei dieser Art der Messung in einem weiten Fre­quenzbereich Werte zwischen 115 und 120dB mit einem insge­samt ausgeglichenen Verlauf oh­ne Schwachstellen. Wie erwartet gibt es zu den tiefen Frequenzen deutliche Unterschiede zwischen den beiden Betriebsarten. Unter­halb von 200Hz spiegelt sich die geringere Sensitivity das Cardioid Systems so auch in der Maximal­pegelkurve wider. Oberhalb von 300Hz fällt auf, dass beide Kur­ven für maximal 3% und maximal 10% Verzerrungen zu­sammenfallen, was ein eindeutiges Indiz dafür ist, dass ein Limiter eingreift und nicht die Verzerrungen den Wert bestimmen. Dort, wo der Hochtöner einsetzt, gehen die beiden Kurven für 3% und 10% THD wieder deutlich auseinander, da typisch für Kompressionstreiber ein hoher k2-Anteil bei den harmonischen Verzerrungen die 10dB Differenz bedingt. Ein Pegelerhöhung um 10dB lässt die k2-Anteile um 20dB ansteigen.

Maximalpegel gemessen mit Sinusburst Signalen, Kling & Freitag PIA M
ABB. 16: Maximalpegel gemessen mit Sinusburst Signalen für maximal 3% THD (rot) und für maximale 10% THD (blau). Die gestrichelten Kurven gelten für den Cardioid-Modus (Bild: Anselm Goertz)

Als zweite Verzerrungsmessreihe wurde ebenfalls wie­der für beide Betriebsarten eine Multitonmessung durch­geführt. Mit einem Multitonsignal, das eine spektrale Ver­teilung und einen Crestfaktor vergleichbar einem durch­schnittlichen Musiksignal hat (grüne Kurve in ABB. 18 und 20), wird der Lautsprecher beginnend im linearen Arbeitsbereich bei knappen 103dB mit immer höherem Pegel angesteuert, wobei die Verzerrungen und der Pegel­verlust (Powercompression) frequenzabhängig ausgewer­tet werden.

Intermodulationsverzerrungen der Kling & Freitag PIA M
ABB. 18: Intermodulationsverzerrungen der PIA M im Bassreflex-Modus mit einem Multitonsignal mit EIA-426B Spektrum und 12dB Crestfaktor für maximal 2dB Powercompression oder maximal 10% Gesamtverzerrungen. Auf 1m im Freifeld bezogen wird dabei ein Pegel von 112dB als Leq und von 125,5dB als Lpk erreicht. (Bild: Anselm Goertz)
Intermodulationsverzerrungen der Kling & Freitag PIA M im Cardioid-Modus
ABB. 20: Intermodulationsverzerrungen der PIA M im Cardioid-Modus mit einem Multitonsignal mit EIA-426B Spektrum und 12dB Crestfaktor für maximal 2dB Powercompression oder maximal 10% Gesamtverzerrungen. Auf 1m im Freifeld bezogen wird dabei ein Pegel von 111,5dB als Leq und von 124,2dB als Lpk erreicht. (Bild: Anselm Goertz)

ABB. 17 und 19 zeigen den Pegelverlust gegen­über dem rechnerischen Wert, der sich aus dem Startwert plus der Pegelsteigerung ergibt. Als Abbruchkriterium bei dieser Messung gilt entweder eine Powercompression von mehr als 2dB in mehreren zusammenhängenden Fre­quenzbändern, mehr als 3dB in einzelnen Frequenzbän­dern oder ein Verzerrungsanteil von 10%. Als Verzerrun­gen werden alle Anteile im gemessenen Signal bewertet, die nicht zum Anregungssignal gehören. Das sind harmo­nische Verzerrungen (THD) und auch alle Intermodulations­verzerrungen (IMD) die durch das Multitonsignal entstehen. Die PIA M als Bassreflexsystem erreicht mit dieser Messme­thode bei –20,9dB Gesamtverzerrungen bezogen auf 1m im Vollraum einen Mittelungspegel Leq von 112dB und ei­nen Spitzenpegel Lpk von 125,5dB. Im Cardioid-Modus sind die Werte minimal geringer, jedoch mit dem etwas re­duzierten Übertragungsbereich zu den tiefen Frequenzen.

Powercompression der Kling & Freitag PIA M
ABB. 17: Powercompression der PIA M im Bassreflex-Modus gemessen mit einem Multitonsignal mit EIA-426B Spektrum beginnend bei einem Mittelungspegel Leq von 103,1 dB. Basierend auf dieser Referenzmessung wurde der Eingangspegel in 1-dB-Schritten um insgesamt 11 dB gesteigert. Die grüne Kurve zeigt den Verlauf bei +10 dB und die rote bei +11 dB. Lässt man eine breitbandige Powercompression von maximal 2 dB zu, dann ist die grüne Kurve das Limit. Das zweite Abbruchkriterium von maximal 10% Gesamtverzerrungen wird hier ebenfalls erreicht. Aus der Messung zur grünen Kurve wurde die Grafik aus Abb. 18 abgeleitet. (Bild: Anselm Goertz)
Powercompression der Kling & Freitag PIA M
ABB. 19: Powercompression der PIA M im Cardioid-Modus gemessen. Die Messbedingungen entsprechen denen aus Abb. 17. Aus der Messung zur grünen Kurve wurde die Grafik aus Abb. 20 abgeleitet. (Bild: Anselm Goertz)

ABB. 17 und 19 lassen erkennen, dass die finale Pegelbegrenzung breitbandig durch einen Limiter im Verstärker erfolgt. Von der jeweils grünen zur roten Kurve wurde der Eingangspegel um 1dB erhöht, was über den gesamten Frequenzbereich durchgängig vom Limiter wieder kom­pensiert werden.

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Hörtest

Probehören und Größenvergleich im Lager mit einer PIA M in 2m Höhe
Probehören und Größenvergleich im Lager mit einer PIA M in 2m Höhe (Unterkante) über dem Boden

Zum Hörtest wurde die PIA M in der Lagerhalle neben dem Messlabor aufgebaut. Dort kann in einer realistischen Umgebung auf Entfernungen bis 18m gehört werden, und bei geöffnetem Rolltor auch noch deutlich weiter. Die PIA M wurde dazu mit der Unterkante in 2m Höhe über dem Boden mit der 5°-Einstellung für die Hochton­einheit auf einem Stativ frei aufgestellt. Mit diesem Auf­bau wurde im Bassreflex- und Cardioid-Modus mit den jeweils passenden Setups im mitgelieferten PLM-System­verstärker gehört.

Was sich in den Messergebnissen schon andeutete, konnte der Hörtest voll und ganz bestätigen: Die PIA M ist klanglich hervorragend, was sowohl für Sprache als auch für Musik gilt. Es gibt zwar keinen tiefen und lauten Bass, trotzdem vermisst man aber auch nichts, was für eine gute Abstimmung im Ganzen spricht. Pegel und Reichweite sind für eine Box dieser Größe sehr groß, so dass man auch bei 15m Ab­stand noch eine direkte Anspra­che aus dem Lautsprecher hat. Erst bei 25m beginnt der Pegel dann merklich abzufallen. In der hier genannten Aufstellung kann man sagen, dass die PIA M einen Bereich von 2m bis 20m vom Lautsprecher aus betrachtet voll abdeckt und bis 25m noch gut nutzbar ist. Die Wiedergabe bleibt dabei tonal über die ge­samte Tiefe des Raumes ausge­glichen. Was im ersten Moment nicht direkt auffällt, aber gerade deswegen bemerkenswert ist, ist die angenehme und präzise Hochtonwiedergabe. Sie wirkt an kei­ner Stelle unausgeglichen oder aufdringlich. Stellt man die PIA M auf den Cardioid-Modus um, tritt man auf Höhe der Box in eine Art Ruhezone ein. Gleichzeitig wird auf der Hörerfläche vor der Box die Wiedergabe noch etwas prä­ziser, da das tieffrequenten Dif­fusfeld im Raum weniger ange­regt wird. Speziell in halligen Räumen oder bei einer kritischen Mikrofonierung auf der Bühne wirkt sich dieses Verhalten sehr günstig aus. Insgesamt wird die Tieftonwiedergabe im Cardioid-Modus etwas schwächer, ist aber dabei für Sprache und wenig basslastige Musik immer noch hinreichend.

Der Hörtest, so kann man es kurz zusammenfassen, über­traf die Erwartungen und wurde von der PIA M mit Bravour bestanden.

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Zubehör und Preise

  • PIA M Low-Z sw oder ws: 2.680 €
  • PIA M 100V sw oder ws: 2.895 €
  • Wandhalter: 79 €
  • Truss Adapter Set (2 × Half Coupler): 65 €
  • Stativhülse M10: 34 €
  • TV-Rohrkralle: 219 €
  • TV-Zapfen: 36 €

(alle Preise zzgl. MwSt.)

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Fazit zur PIA M

Die Messwerte und der Hörtest ergeben für die PIA M von Kling & Freitag einen übereinstimmenden Eindruck. Wir haben es hier mit einem durch und durch gelunge­nen Produkt zu tun, das zudem auch noch gut auf die Bedürfnisse des Marktes für mobile und feste Installationen zugeschnitten ist. Als mittelgroße Zeile mit optio­nal cardioidem Abstrahlverhalten eignet sich die PIA M für akustisch schwierige Aufgaben und ist dank des reich­haltigen Montagezubehörs sehr flexibel einsetzbar. Das passive 3-Wege-Konzept bietet nicht nur klanglich gute Eigenschaften, sondern ermöglicht auch einen kosten­günstigen Einsatz mit nur einem Verstärkerkanal.

Für die PIA M findet sich in der aktuellen Preisliste von Kling & Freitag ein Betrag von 2.680€ netto. Damit dürf­te preislich und auch technisch ein guter Kompromiss zwischen einfachen Zeilen mit Breitbandsystemen und den DSP-gesteuerten Modellen gelungen sein, der ver­mutlich dem Wunsch vieler potenzieller Anwender ent­sprechen wird.

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