Wie können, wollen und müssen wir unsere Arbeits- und Bürowelten verändern, um der digitalen und der gesellschaftlichen Transformation gerecht zu werden? Dies ist eine der zentralen Fragen, mit denen sich die Teilnehmer des Raumwelten Kongresses 2017 aus unterschiedlichen Perspektiven beschäftigte.
Jens Kenserski, Managing Director des Kreativbüros pulsmacher aus Ludwigsburg, ist z. B. der Meinung, dass man für dieses Thema gar nicht allzu weit in die Zukunft blicken darf. Vielmehr liegt der Fokus auf dem Ansatz: Wir leben und arbeiten jetzt! Und das bedeutet: Wir müssen heute schauen, wie wir unsere Arbeits- und Bürowelten für unsere heutigen Bedürfnisse anpassen können. Für die Kreativagentur bedeutet das nicht zuletzt Flexibilität auf sämtlichen Ebenen – sowohl was die Arbeitszeiten und Arbeitsorte der Mitarbeiter angeht, als auch die Raumgestaltung von Büros und Arbeitswelten. In der eigenen Firma praktiziert wird daher das Pop-Up-Prinzip – frei nach dem Motto: “Wir wissen nicht, in welchen Teams, wo und unter welchen Voraussetzungen wir in drei Monaten oder in einem Jahr arbeiten werden.” Um diesen Ansatz auf die Spitze zu treiben, werden zum Beispiel Brötchenkisten gestapelt als Regal- oder Ablageflächen umfunktioniert. “Sie sind flexibel und können jederzeit ganz schnell nach Bedarf umgebaut werden.”
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Raphael Gielgen, verantwortlich für Research und Trendscouting bei Vitra, ist zudem der Meinung, dass es in jedem Büro bzw. Arbeitsumfeld ungeordnete, chaotische Kreativräume á la Garagenprinzip geben sollte, um kreative Teamarbeit zu ermöglichen. Mindestens 10 % der Büroflächen sollten genau so zur Verfügung gestellt werden. Außerdem ist er davon überzeugt, dass der Raum den Menschen gehört, die ihn nutzen – nicht dem Architekten, nicht dem Unternehmen. Es brauche Leben jenseits des Schreibtisches. In Sachen Digitalisierung kommt ein weiterer Punkt dazu: Vernetzung muss sowohl digitale als auch analoge Qualitäten haben. Daher sind sich Raphael Gielgen und Jens Kenserski auch darin einig, dass alleine Homeoffice und mobiles, flexibles Arbeiten an einem Ort freier Wahl nur eine Ergänzung, aber kein Ersatz für flexible Bürowelten sein können. Denn diese werden auch in Zukunft als Ort der analogen Begegnung zwischen den Mitarbeitern benötigt – auch wenn es vielleicht nur ein oder zwei Tage die Woche sind.
Was dies in der Praxis bedeuten kann, erläuterte Albrecht Fischer, Director Corporate Real Estate and Facilities der Robert Bosch GmbH. Denn das Unternehmen durchläuft derzeit die größte Transformation der Firmengeschichte. Workplace 4.0 bedeutet hier konkret: 2.100 Standorte in 190 Ländern mit 19 Mio. m² Gebäudefläche und insgesamt ca. 400.000 Mitarbeitern müssen für die Zukunft nicht nur umgerüstet werden. Vor allem gilt es auch, eine neue Arbeitskultur und neue Konzepte zu kreieren, die für alle Generationen der Arbeitnehmer geeignet sind. Wichtige Stichworte hierbei sind z. B. Co-Working, Desksharing und Teamspaces. Eigene Büros sind bei Bosch passé – auch für die Geschäftsführung. Um eine solche Transformation tatsächlich zukunftsfähig zu machen, betont Albrecht Fischer aber, dass Workplace 4.0 auf jeden Fall ein Gesamtkonzept beinhalten muss, das nicht nur Tapeten, Möbel und Technik beinhaltet, sondern auch den Blick auf soziale Aspekte.