DigitalPakt Schule: Vor- und Nachteile von Cloud-Lösungen

Schul-IT: On-Premises vs. Cloud

Der Großteil der allgemeinbildenden Schulen in Deutschland plant gerade die Digitalisierung. Während die Lehrkräfte passende Lösungen für ihre medienpädagogischen Konzepte suchen, planen die Schulträger für die Schulen möglichst standardisierte Systeme.

Rechenzentrum 1&1
Die HPI Schul-Cloud wird bei 1&1 IONOS auf „Kubernetes Clustern“ betrieben. Kubernetes bietet die Möglichkeit, bei Lastspitzen automatisch innerhalb kurzer Zeit zu skalieren und so
eine durchgehende Verfügbarkeit der Applikation zu gewährleisten.
(Bild: IONOS)

Inhalt dieses Grundlagen-Artikels:

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Die „Cloud“ ist inzwischen weit verbreitet und auf dem Vormarsch. Und obwohl „On-Premises“ für etwas deutlich Älteres steht, wurde dieser Begriff erst bedeutsam, als das Gegenstück zur Cloud beschrieben werden musste.

In Wikipedia wird On-Premises als Antonym, als Gegensatzwort, der Cloud geführt. Und die ist in der IT-Welt inzwischen omnipräsent. Cloud Computing steht für eine IT-Infrastruktur, die über das Internet genutzt wird. Rechenzentren als Dienstleister bieten Speicher und Rechenleistung zur Nutzung an. Kunden können diesen Service in fast beliebiger und meist variabler Größenordnung buchen, eigene Software aufspielen und Daten speichern, ohne dass sie für ihren Betrieb eigene Technik oder Rechenleistung vorsehen müssen.

Auch tragen die Kunden keine Verantwortung für Datensicherheit, Backups und Updates der Betriebssysteme, und sie müssen sich nicht um Hardware-Probleme kümmern. So können sie sich auf ihren eigenen Softwarebetrieb konzentrieren: SaaS, Software as a Service.

Rechenzentrum 1&1
Rechenzentrum 1&1 IONOS: „Die Kubernetes Cluster erstrecken sich über zwei Verfügbarkeitszonen des unterliegenden Rechenzentrums, was die ohnehin bereits durch Kubernetes garantierte Ausfallsicherheit noch einmal deutlich erhöht. Ein weiterer ‚eingebauter‘ Vorteil von Kubernetes ist die Möglichkeit, Updates unterbrechungsfrei bereitzustellen.“ (Bild: IONOS)

On-Premises steht dagegen für die Nutzung erworbener Software auf eigener oder gemieteter Hardware unter eigener Verantwortung. Ein Beispiel? Hat eine Schule beispielsweise eigene Rechner in der Schule in Betrieb und nutzt eigene Programme, so handelt es sich um den klassischen Einsatz On-Premises.

Nutzt eine Schule dagegen beispielsweise Google Classroom, so erfolgt die Nutzung via Cloud ohne eigene Hard- und Software. Ist eine Schule z. B. extern über ein kommunales Rechenzentrum mit Hard- und Software angebunden, so handelt es sich wiederum um ein On-Premises-Modell.

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Vor- und Nachteile der Modelle

Zu den bereits aufgeführten Verantwortungen beim Modell On-Premises kommen weitere Aspekte hinzu.

Unabhängigkeit: Der Zugriff auf die eigenen Daten ist stets gewahrt, unabhängig von einer Internetanbindung oder deren Performance.

Kontrolle: Der Lizenznehmer hat die vollständige Kontrolle über die Daten und die Zugriffsrechte.

Betriebssicherheit/Ressourcen: Hier liegt die volle Verantwortung beim Lizenznehmer. Bei der Inhouse-Nutzung werden eigene Ressourcen für Hardware-Sicherheit und IT-Administration gebunden.

Screenshot IServ-Videokonferenzsystem
Distanzunterricht ist für Lehrer Tobias Wengert vom Gymnasium Harsewinkel auch im Lockdown kein Problem mit dem IServ-Videokonferenzsystem: Videounterricht, Kollaboration, Materialvergabe, Aufgabenverteilung. (Bild: IServ)

Datenschutz: Alle Daten liegen inhäusig. Die Einhaltung der gesetzlichen Datenschutzverordnung ist leichter, abweichende Datenschutzrichtlinien mit ausländischen Cloud-Servern führen nicht zu Problemen.

Datensicherheit/unautorisierter Zugriff: Hier kann es problematisch werden. Begrenzte eigene Ressourcen sind engmaschigen Sicherheitsstrukturen großer Rechenzentren sicherlich deutlich unterlegen. Die Sicherheit steht und fällt mit der Qualifikation Einzelner.

Skalierbarkeit: On-Premises-Lösungen sind nur schwerfällig skalierbar. Bei unerwartet erhöhtem Bedarf kommt es schnell zu Engpässen, wie der Lockdown im Frühjahr 2020 gezeigt hat. Von heute auf morgen erhöhten sich die Anforderungen durch Kollaborations- Tools drastisch. Hier zeigen sich die Vorteile von Cloud-Lösungen sehr deutlich: Skalierung.

IServ Breakout-Räume
Breakout-Räume in IServ machen Gruppenarbeit im Videounterricht kinderleicht. „Geht per Mausklick, ohne zeitraubende Unterbrechung“, laut Gymnasiallehrer Tobias Wengert. (Bild: IServ)

In Analogie zur Nachfrage entwickelt sich die zur Verfügung stehende Rechenleistung, so dass ein ordnungsgemäßer Betrieb sichergestellt ist. Auch Videokonferenz-Tools werden über „Web based Services“ betriebssicherer ermöglicht, da es nicht zu einem lokalen Engpass bei der Internet-Bandbreite kommen kann. Bei einem Server in der Schule oder Kommune wird es schnell problematisch, wenn viele Schüler – einer Schule oder Gemeinde – Distanzunterricht per interaktiver Videokonferenzen in vielen parallelen Unterrichtseinheiten beiwohnen sollen.

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Der Internet-Zugang ist entscheidend

On-Premises oder Cloud? Für Schulen, die nicht über einen Zugang zum Breitband-Internet verfügen, stellt sich diese Frage nicht, ganz einfach, weil zur effektiven Cloud-Nutzung der Highspeed-Internetzugang zwingend erforderlich ist. Wenn in einer Schule morgens um 8 Uhr 600 Schüler pünktlich mit Beginn des Unterrichts digitale Unterrichtsmaterialien aus der Schul-Cloud laden sollen, ist das ohne Breitbandzugang schlichtweg nicht möglich. Und so sieht der Alltag für den Großteil der 40.000 allgemeinbildenden Schulen in Deutschland aus, denn sie verfügen nicht über schnelles Internet. Da sind lokale Lösungen nach wie vor sinnvoll.

Tobias Wengert ist Lehrer am Gymnasium in Harsewinkel und berichtet von der Umsetzung an seiner Schule: „Wir haben vor sechs Jahren angefangen zu digitalisieren und einen eigenen Schul-Server eingerichtet. Das System wird von der Schulverwaltung im benachbarten Rathaus gehostet.“ Wegen der räumlichen Nähe sind beide Gebäude mit einer direkten Netzwerkverbindung ausgestattet. Am Gymnasium kommt IServ zum Einsatz und stellt Strukturen und Daten bereit für: Kommunikation, Organisation, Unterricht und Netzwerk.

Interaktives Board mit Schüler:innen und Lehrer
Smart Technologies bietet Hard- und Software aus einer Hand für On-Premises- und Cloud-Umgebungen. (Bild: Smart / Cooper & O'Hara)

An der Schule existiert ein großer Pool an Tablets, die Jahrgangsstufen 7, 8 und 9 sind bereits als „Tablet-Jahrgänge“ ausgestattet. Jedes Jahr kommen weitere Jahrgangsstufen hinzu. Private Geräte von Schülern können im WLAN verwaltet/freigeschaltet werden. Für Tobias Wengert liegt der „pädagogische Wert“ auf der Hand: „Aufgabenverteilung, konkrete Rückmeldungen, Korrekturanweisung. Die Unterrichtsorganisation kann hervorragend digitalisiert werden. Die pädagogische Dimension ist sehr vielfältig: simultanes Erarbeiten von Dokumenten, Kleingruppenarbeiten während Videokonferenzen, WLAN freischalten und Bildschirme steuern, das gehört peripher dazu.“

Der Anbieter IServ ist aber nicht nur auf die direkten Nutzer des Systems fokussiert. Die Server-Systeme, die das Unternehmen vor Ort installiert, werden von außen gewartet und mit den nötigen Updates automatisch versorgt. Jörg Ludwig, einer der Geschäftsführer von IServ, erklärt die Vorteile: „Die Rechnertechnik halten wir sehr schlank. Unsere lokalen Server laufen wartungsfrei, die muss nie jemand anfassen, die Technik läuft mit fünfjähriger Vor-Ort-Garantie. Updates, Treiberaktualisierungen und Software-Verteilung erfolgen automatisch, das erspart Arbeit. On-Premises oder Cloud macht da keinen Unterschied bei der Wartung.“

Doch das Unternehmen beschränkt sich nicht auf lokale Lösungen: „In diesem Jahr nutzen 30 bis 40 Prozent unserer Kunden die IServ Cloud-Lösung.“ Dazu arbeitet das Unternehmen seit vielen Jahren mit den Rechenzentren des deutschen Anbieters Hetzner zusammen. Die prozentual gestiegene Entwicklung geht sicherlich auf eine erhöhte Nutzung des videobasierten Distanzunterrichts im Frühjahr 2020 zurück.

IServ-Videounterricht
IServ-Videounterricht als „Software as a Service“ in der Cloud über Rechenzentren von Hetzner (Bild: IServ)

Und dafür ist die Cloud von Vorteil: Der Videounterricht läuft im leistungsfähigen Rechenzentrum als SaaS-Dienst zusammen. Jörg Ludwig berichtet von seinen Erfahrungen: „Punkt 10 Uhr oder 11 Uhr sind dann einfach mal 100.000 Schüler und Lehrer im Videounterricht gewesen, das merkten wir ganz deutlich an der Spitzenlast.“

Auch andere Anbieter setzen auf beide Varianten, On-Premises und Cloud: Smart Technologies bietet mit der „Smart Learning Suite“ eine Software-Suite für den Bildungsbereich, die mit der „Smart Notebook Software“ eine lokale Desktop-Software für die Betriebssysteme MacOS, Windows und Linux und mit der „Smart Learning Suite Online“ eine Cloudbasierte Alternative umfasst.

Digitale Endgeräte von Smart Technologies
In der Schule oder auch am Schreibtisch zu Hause können Lehrkräfte u. a. mit digitalen Endgeräten von Smart Technologies ihren Unterricht vorbereiten oder sogar via „Flipped Classroom“ aus der Distanz abhalten. (Bild: Smart)

So haben die Lehrkräfte die Möglichkeit, zu Hause lokal am Notebook digitale Unterrichtseinheiten vorzubereiten oder via Cloud. Auch das ist oftmals eine Frage der örtlichen, individuellen Internetanbindung. Im Klassenraum kann der Unterricht via interaktivem „Smart Board“ durchgeführt werden, da Smart auch die auf Software abgestimmte Medientechnik liefert. So greifen Soft- und Hardware Hand in Hand für einen kollaborativen Unterricht, gemeinsam am Display und via BYOD in Kombination mit Smartphone und Tablet oder auch außerhalb des Unterrichts via Cloud.

Martin Breier, Senior Manager, End User Sales & Business Development DACH, sieht auch die technische Herausforderung, „dass inzwischen viel mehr eingesetzt wird als nur Systeme mit Apple-, Windows- und Linux-Betriebssystem.“ Viele digitale Endgeräte wie Smartphones, Tablets und Chromebooks sollen in BYOD-Strukturen unterstützt werden. „Da ist es für einen Hersteller nahezu unmöglich, installierte und Update-fähige Systeme über alle Plattformen bereit zu halten. Am Ende ist der Browser der kleinste gemeinsame Nenner, und es macht Sinn, wenn man den nächsten Schritt geht und eine Browser-basierte Anwendung anbietet und supportet.“

IServ-Oberfläche
„Der kleinste gemeinsame Nenner“: unabhängig vom digitalen Endgerät dank Webbasierter
Nutzung von IServ
(Bild: IServ)

Solange im Klassenzimmer „nur“ eine interaktive Tafel verwendet wird, ist das nicht relevant. „Möchte man das Universum deutlich erweitern, hin zu einer Eins-zu-Eins-Nutzung mit digitalen Endgeräten bei Schülern und Lehrern, dann braucht man eine professionelle WLAN-Ausstattung an den Schulen und natürlich auch den entsprechenden Breitbandanschluss, wenn viele Schüler zeitgleich starten und Unterrichtsmaterialien laden und öffnen. Das sind Datenströme, die im Hintergrund schnell ablaufen müssen. Da geht es um Datenaustausch, Gruppenarbeit in gemeinsamen Dokumenten, kombiniert mit Zoom, Teams oder Big Blue Button. Dann ist man automatisch in der Cloud“, führt Martin Breier aus.

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Die Cloud und der Datenschutz

Trennt nur die Leistungsfähigkeit der Internetanbindung die Schulen von der Cloud-Nutzung? Nein. Der Blick auf die kontroverse Diskussion rund um Datenschutz bei Cloud-Anwendungen für Schulen wirft viele Fragen auf: Können Cloud-basierte Anwendungen überhaupt eingesetzt werden? Oder nur von bestimmten Anbietern und auf bestimmten technischen Plattformen? Welche Software ist DSGVO-konform und welche nicht?

Hier gehen die Einschätzungen von Bundesland zu Bundesland weit auseinander. Das Vertrauen in große Anbieter, Global Player wie Microsoft, Apple und Google, ist sehr unterschiedlich ausgeprägt. Sind die Daten dort sicher? Was bedeutet der Cloud Act für die eigene Datensicherheit auf Servern von US-Unternehmen?

IServ Rechenzentren
Software-Anbieter IServ arbeitet seit 15 Jahren mit den Rechenzentren von Hetzner zusammen. „Punkt 10 Uhr oder 11 Uhr sind dann einfach mal 100.000 Schüler und Lehrer im Videounterricht gewesen, das merkten wir ganz deutlich an der Spitzenlast“, berichtet Jörg Ludwig im Jahr der Pandemie. (Bild: Hetzner)

Aber auch die eigene DSGVO in Europa muss korrekt beachtet werden. Was heißt das für die Nutzung in der Schule? Für 1&1 IONOS SE ist das nicht zwangsläufig eine Frage der technischen Plattform: „Im Übrigen sind datenschutzrechtliche Aspekte nicht unbedingt ein Argument pro On-Premises und contra Cloud. Vielmehr geht es darum, einen europäischen Cloud-Provider sowie europäische Anwendungen zu wählen, um voll DSGVO konform zu sein, den maximalen Schutz vor Zugriffen aus dem US CLOUD Act zu haben und das Tool rechtssicher nutzen zu können.“

IONOS betreibt zehn Rechenzentren in fünf Ländern selbst. Seit Juni 2020 stellt das Unternehmen die Cloud-Infrastruktur zusammen mit der Firma Bechtle im Auftrag von Dataport (Informations- und Kommunikations-Dienstleister AöR, Altenholz bei Kiel) für die HPI Schul-Cloud, die am Hasso Plattner Institut (HPI) entwickelt wurde.

Der Leiter des HPI, Prof. Meinel, plädiert auf jeden Fall für eine Serverstruktur in deutscher oder europäischer Hand: „Es entspricht dem Gedanken der digitalen Souveränität, in einem zentralen Bereich staatlichen Handelns wie dem Bildungsbereich auf eine offene Open-Source-Infrastruktur zu setzen und die Verantwortung für die Verarbeitung und Speicherung sensibler Daten nicht an US-amerikanische Unternehmen abzugeben.“

Hetzner Datacenter-Park in Falkenstein aus der Vogelperspektive
IServ arbeitet mit dem Hetzner Datacenter-Park in Falkenstein zusammen, mit eigener und angemieteter Rechnertechnik. (Bild: Hetzner)

Wie die aufgeführten Beispiele zeigen, existieren verschiedene praktikable Ansätze zur Cloud-Nutzung im schulischen Bereich. Mit datenschutzrechtlichen Bedenken allein lassen sich keine KO-Kriterien gegen die Nutzung von Web-based Services durch Schulen ableiten. Es ist zu erwarten, dass der Anteil von Cloud-basierten Strukturen zunehmen wird, in Abhängigkeit zur Verfügung stehender Breitbandnetze. Insbesondere bei der Durchführung von Distanzunterricht ist der Einsatz Cloudbasierter Video-Strukturen unabdingbar.

Gleichzeitig werden die Schulträger zur Effizienzsteigerung die Standardisierung der IT-Systeme vorantreiben. Cloud-basierte Dienste stellen für Schulträger und Schulen dabei attraktive Lösungen dar. Die Beispiele der verschiedenen Anbieter zeigen, dass passende pädagogisch ausgelegte Software-Angebote zur Verfügung stehen.

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