Audiotechnik: Sprachalarmierung

Was gibt es bei Lautsprecheranlagen zur Sprachalarmierung zu beachten?

Lautsprecheranlagen zur Sprachalarmierung als SAA im Brandfall oder als ENS für Gefahren anderer Art sind in vielen öffentlichen Gebäuden und Versammlungsstätten installiert. Dank entsprechender Normen und Zertifizierung sind die Anforderungen und die einsetzbaren Geräte heutzutage recht klar definiert. Probleme und Diskussionen gibt es jedoch immer wieder bei der konkreten Ausführung sowie beim Zusammenspiel der Lautsprecheranlage mit dem akustischen Umfeld.

Köln Hauptbahnhof mit Lautsprechern an der Decke(Bild: Anselm Goertz)

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Inhalt dieses Grundlagen-Artikels:


Konzepte zur Evakuierung oder zum Brandschutz in öffentlichen Gebäuden, Geschäftshäusern, Sportstätten und vielen mehr schreiben meist eine Lautsprecheranlage zur Sprachalarmierung vor. Die Begründung dafür ist leicht nachvollziehbar, da mit einer Sprachalarmierung die Reaktionszeiten kürzer sind und Anweisungen zur Evakuierung nach Bedarf angepasst werden können. Jeder kennt das Verhalten, wenn ein Alarmton ertönt, dass man diesen zwar wahrnimmt, aber zunächst nichts über den Anlass und mögliche Konsequenzen daraus weiß und erstmal abwartet, ob es nicht doch nur ein Fehlalarm war.

Wird dann nach einiger Zeit klar, dass der Alarm ernst gemeint war und womöglich schon Rauch in den Raum eindringt, dann ist wertvolle Zeit für die Evakuierung verloren. Dann folgt eine mögliche panische Überreaktion der betroffenen Personen, womit sich die Lage noch weiter verschlimmert. Bei einer klaren Ansage zu einer Gefahrensituation, was passiert ist und wie man sich verhalten soll, reagieren die betroffenen Personen dagegen meist wesentlich schneller und bedachter.

Hinzu kommt die Möglichkeit, eine Evakuierung lenken zu können, welcher Bereich eines Gebäudes wann und auf welchem Weg verlassen werden soll. Eine Sprachalarmierung bietet somit eine Reihe von Vorzügen, wenn es um die Warnung und Evakuierung von Personen geht. Die Grundvoraussetzung dafür ist eine auch im Störfall sicher funktionierende Beschallungsanlage, die in allen betroffenen Bereichen eine hinreichend verständliche Durchsage ermöglicht. D. h., die Anlage muss auch bei Stromausfall funktionieren sowie im Betrieb auftretende Fehler kurzfristig erkennen und eine entsprechende Störmeldung absetzen. Welche Anforderungen an eine Sprachalarmanlage gestellt werden, ist in diversen Regelwerken und Normen beschrieben, auf die im Folgenden näher eingegangen werden soll.

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Normen

Im Rahmen der Entwurfs- oder Genehmigungsplanung eines Gebäudes wird im Brandschutzkonzept festgelegt, ob eine Sprachalarmanlage (kurz SAA) gefordert wird und wenn ja, in welchem Umfang. Zu unterscheiden sind zunächst der Vollschutz, der alle Räume eines Gebäudes einschließt oder der Teilschutz, wo Ausnahmen, z. B. für Treppenhäuser, möglich sind. Das Brandschutzkonzept legt im Weiteren auch die Alarmierungsbereiche fest. Diese dürfen eine maximale Fläche von 1.600 m2 haben und befinden sich immer nur in einer Ebene eines Gebäudes. Ausnahmen gelten für Treppenhäuser und ähnliche Gebäudeteile wie hohe Foyers. Die Festlegung einer Sicherheitsstufe beschreibt anschließend, wie sich ein möglicher Fehler in einer Anlage maximal auswirken darf. Sicherheitsstufe I besagt, dass ein Einzelfehler in einem Übertragungsweg – z. B. durch einen ausgefallenen Verstärker, ein defektes Kabel oder einen Kurzschluss in der Leitung –maximal den Ausfall der Beschallung in einem Alarmierungsbereich verursachen darf. Für die Verkabelung bedeutet das eine eigene Zuleitung für jeden Brandabschnitt in Funktionserhalt (E30) und ein rückwirkungsfreier Betrieb des Übertragungsweges.

EN54-24-zertifizierter zweiteiliger, passiver Zeilenlautsprecher von TOA
Bild 01: Ein EN54-24-zertifizierter zweiteiliger, passiver Zeilenlautsprecher von TOA als Bestandteil einer SAA (Bild: Anselm Goertz)

Kommt es in einem Übertragungsweg für einen Brandabschnitt zu einem Kurzschluss, dann darf dieser keine weitere Auswirkung auf andere Brandabschnitte haben. Die Sicherheitsstufe I wird nur für Flächen bis 2.000 m2 und bis zu 200 Personen empfohlen. Die Sicherheitsstufe II erfordert darüber hinaus, dass im Falle eines Einzelfehlers der betroffene Bereich weiterhin beschallt werden kann, jedoch mit einer reduzierten Anforderung an die Sprachverständlichkeit von STI ≥ 0,45 anstatt des sonst geforderten STI ≥ 0,5. Die Anforderung kann durch eine A/B-Verkabelung der Lautsprecher im Brandabschnitt und eine Versorgung der A- und B-Leitungen durch separate Verstärker erreicht werden. Die Zuleitung von der Zentrale zum Brandabschnitt hat in Funktionserhalt zu erfolgen.

Lautsprecher der SAA
Bild 02: Lautsprecher der SAA – ausgeführt als Linienstrahler – zur Beschallung einer großen und trotz intensiver raumakustischer Maßnahmen immer noch relativ halligen Empfangshalle (Bild: Anselm Goertz)

Innerhalb des Brandabschnittes kann eine Standardverkabelung eingesetzt werden. Befinden sich in einem Brandabschnitt mehrere Räume, dann gelten die Anforderungen für jeden einzelnen Raum. Sicherheitsstufe II bedeutet somit für ein Hotel- oder Bürogebäude, dass jedes Zimmer zwei Zuleitungen benötigt und zwei Lautsprecher eingesetzt werden müssen. Um den Aufwand etwas zu reduzieren, gibt es A/B-Lautsprecher, bei denen sich in einem Gehäuse zwei komplette Lautsprecher befinden, die über die A- und B-Leitung angeschlossen werden. Neben „echten“ komplett doppelt bestückten A/B-Lautsprechern gibt es auch A/B-Chassis, die als Doppelschwingspulentreiber aufgebaut sind. Die gewünschte Sicherheit ist auch hier gewährleistet, solange sich der Fehler vor dem Lautsprecher, d. h. im Verstärker oder der Zuleitung, befindet. Kritisch wird es jedoch, wenn der Fehler im Chassis selber liegt und z. B. die Spule im Luftspalt durch Überhitzung verklebt ist. Dann fallen A- und B-Linie zusammen aus. In der selten geforderten Sicherheitsstufe III muss auch die Zentrale komplett doppelt ausgeführt werden, so dass auch im Falle eines Fehlers in der zentralen Steuereinheit weiterhin eine Funktion durch das zweite System gegeben ist.

Handelt es sich bei der Sprachalarmanlage um eine Anlage, die auch im Brandfall genutzt wird – unabhängig von einer automatischen Ansteuerung durch die Brandmeldezentrale (BMZ) –, dann ist die DIN VDE 0833- 4:2014-10 als nationale Anwendungsrichtlinie die relevante Norm. Gefordert wird eine SAA in der Regel im Brandschutzkonzept als Teil der Brandmeldeanlage. Die DIN 14675:2018-04 Teil 1 „Brandmeldeanlagen – Aufbau und Betrieb“ sowie „Anforderungen an die Fachfirma“ in Teil 2 verweist in diesem Zusammenhang auf die VDE 0833-4. Ist die Brandmeldeanlage Teil eines Brandschutzkonzeptes und damit auch Teil der Baugenehmigung, dann geschehen Planung und Einbau der SAA auf der Grundlage baurechtlicher Anforderungen, womit noch weitere Richtlinien zu beachten sind. Dazu gehören z. B. auch die Leitungsanlagenrichtlinien der jeweiligen Bundesländer. Handelt es sich per Definition um eine Sprachalarmanlage, dann müssen(!) aus baurechtlicher Sicht in der EN54-Reihe als Bauprodukte zertifizierte Komponenten eingesetzt werden. Konkret sind das die EN54-4 für die Energieversorgung, die EN54-16 für die Zentralentechnik und die EN54-24 für Lautsprecher. Als Vornorm liegt zurzeit die VDE 0833- 4-1:2018-12 vor, die sich dem Thema der aktive Lautsprecher widmet.

Wird die Beschallungsanlage nicht zur Alarmierung im Brandfall genutzt, dann kann die seit März 2017 veröffentlichte Systemnorm EN 50849 als Nachfolgenorm der EN 60849 für Elektroakustisches Notfallwarnsystem (ENS) herangezogen werden. Im Vergleich zur EN 60849 wurden in der EN 50849 alle Bezüge zur Vermeidung von Widersprüchen zu den EN54 Normen zum Brandfall entfernt. Für die einzusetzenden Produkte gibt es für Bauprodukte gemäß EN54 in der EN 50849 lediglich eine „Kann verwendet werden“-Aussage ohne Verpflichtung. Weitere wichtige Unterschiede zwischen der VDE 0833-4 für eine SAA und der EN 50849 für eine ENS finden sich auch noch beim Thema Stromversorgung, die speziell für große Anlagen mit hoher Leistung nach EN 50849 leichter umzusetzen sind. In den meisten Fällen ist jedoch der Zusammenhang der Beschallungsanlage zur Alarmierung im Brandfall eindeutig und somit die VDE 0833-4 als relevante Norm gesetzt.

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Zertifizierte Bauprodukte

Schwierig wird die Lage immer dann, wenn es um besonders kritische Anwendungen in sehr großen Hallen oder Stadien geht. Für die Innenräume eines Stadions, auch Warmbereiche genannt (Restaurants, VIP-Lounges, Konferenzräume, Flure etc.) ist die Alarmierung im Brandfall während und auch außerhalb des Spielbetriebes eindeutig definiert. Sobald die BMZ einen Brand detektiert, wird die Alarmierung für die Innenräume ausgelöst. Bei großen Veranstaltungen, wenn die Tribünen besetzt sind, ändern sich die Situation und die dabei möglichen Gefährdungen jedoch völlig. Eine mögliche Alarmierung der Tribünen erfolgt dann ausschließlich über die immer besetzte Leitstelle der Polizei oder Feuerwehr. Der Brandfall tritt jetzt gegenüber anderen Gefahren wie Panik, Fan-Krawallen oder Terrorismus auf den Tribünen in den Hintergrund. Warum ist dieser Punkt jetzt wichtig? Es gibt bislang nur ganz vereinzelte Komponenten, die sich für die Großbeschallung in Stadien eignen und der jeweiligen EN54-Produktnorm genügen. Stellt man nach einhelliger Meinung einiger hiesiger Experten die Brand alarmierung für die Tribünen in den Hintergrund, dann lässt sich auf dieser Basis eine Ausnahme formulieren, die den Einsatz nicht EN54-zertifizierter Komponenten möglich macht.

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Zielsetzung

Das primäre Ziel einer Sprachalarmanlage unabhängig von der Definition als SAA oder ENS ist es, eine für die Alarmierung der betroffenen Personen hinreichende Sprachverständlichkeit zu erzielen. Messtechnisch ist die Sprachverständlichkeit über den STI-Wert (Speech Transmission Index) definiert. Details zur Messung und Berechnung sind in der DIN EN 60268-16:2012-05 Elektroakustische Geräte – Teil 16: „Objektive Bewertung der Sprachverständlichkeit durch den Sprachübertragungsindex“ beschrieben.

Ein Geräteschrank in der Sprachalarmzentrale mit vorbildlicher ausgeführter Verkabelung
Bild 03: Ein Geräteschrank in der Sprachalarmzentrale mit vorbildlicher ausgeführter Verkabelung (Bild: Anselm Goertz)

Die Basis für den STI ist die Veränderung der in Sprache vorhandenen Modulationstiefe durch eine Übertragungsstrecke. Die Übertragungsstrecke kann ein Raum, ein Raum mit Lautsprechern oder auch eine elektrische Übertragung, z. B. über eine Telefonleitung sein. Die Modulation der Sprache (ABB. 01) ist dabei der entscheidende Informationsträger. Die Idee ist es nun, sobald sich der Modulationsverlust eines Sprachsignals messtechnisch beurteilen lässt, kann man auch Rückschlüsse auf die Sprachverständlichkeit ziehen. Messtechnisch beschreiben lässt sich Sprache über das Sprachspektrum (ABB. 02) mit den Oktavbändern von 125 Hz bis 8 kHz und mit Modulationsfrequenzen von 0,63 Hz bis 12,5 Hz. Für die Verständlichkeit kommen den Frequenzbändern und Modulationsfrequenzen unterschiedliche Bedeutungen zu, was bei der Berechnung des STI-Wertes berücksichtigt wird. So sind die 1- und 2-kHz- Bänder des Sprachspektrums für die Verständlichkeit wesentlich relevanter als die 125- und 250-Hz-Bänder. Speziell das 125-Hz-Band des männlichen Sprechers hat für die Sprachverständlichkeit kaum eine Bedeutung.

Sprachsignal (rot) mit Hüllkurve (blau)
ABB. 01: Sprachsignal (rot) mit Hüllkurve (blau)
Mittlere spektrale Zusammensetzung eines männlichen Sprechers (rot) und einer weiblichen Sprecherin (blau) nach DIN EN 60268-16:2012-05
ABB. 02: Mittlere spektrale Zusammensetzung eines männlichen Sprechers (rot) und einer weiblichen Sprecherin (blau) nach DIN EN 60268-16:2012-05

Nimmt man die sieben Oktavbänder des Sprachspektrums und dazu die Modulationsfrequenzen in Terzintervallen von 0,63 Hz bis 12,5 Hz, dann gibt es 7 × 14 Kombinationen. Für diese insgesamt 98 Kombinationen wird für die Berechnung des STI jeweils der Modulationsverlust durch die Übertragungsstrecke bestimmt. Das Ergebnis ist eine Matrix (ABB. 03) mit 98 Indizes mit Werten zwischen 0 und 1. Über eine spezielle Berechnungsmethode wird daraus der STI-Wert bestimmt. Eine vereinfachte Variante des STI, der STIPA, arbeitet mit nur 14 Kombinationen.

Matrix mit 98 Indizes zur Berechnung des STI. Rot markiert als Beispiel die Modulationstiefe von 56 % im 1-kHz-Oktavband für eine Modulationsfrequenz von 2 Hz.
ABB. 03: Matrix mit 98 Indizes zur Berechnung des STI. Rot markiert als Beispiel die Modulationstiefe von 56 % im 1-kHz-Oktavband für eine Modulationsfrequenz von 2 Hz.

Wäre die Übertragung perfekt, dann wären alle Indizes gleich 1, ohne Verlust der Modulation in den sieben Frequenzbändern für alle zwölf Modulationsfrequenzen. Verursacht wird der Modulationsverlust in der Realität primär durch überlagerte Störgeräusche und durch Nachhall. ABB. 04 zeigt dazu ein einfaches Beispiel, wie die Hüllkurve eines ungestörten Sprachsignals (blau) durch Störgeräusche (rot) oder durch Nachhall (grün) verändert wird und die Modulationstiefe und somit der Informationsgehalt verloren gehen. Weitere Effekte sind die Selbstverdeckung von Sprache bei hohen Pegeln und der Hörschwellenfaktor bei sehr geringen Pegeln. Letzteres ist leicht verständlich, denn wenn Anteile des Sprachsignals unter die Hörschwelle fallen, dann tragen diese nicht mehr zur Verständlichkeit bei. Bei der STI-Berechnung wird das durch einen internen Störpegel berücksichtigt. Wird der Pegel zu hoch, dann können laute tieffrequente Anteile höhere Frequenzanteile verdecken. Diese sogenannte Aufwärtsverdeckung setzt bei Sprachsignalpegeln ab ca. 80 dBA aufwärts ein. Die Kurve in ABB. 05 zeigt dazu den STI in ausschließlicher Abhängigkeit vom Pegel des Sprachsignals.

 Oben die ungestörte Hüllkurve eines Sprachsignals (blau), mittig mit einem Störgeräusch (rot) und unten mit Nachhall (grün). Der Modulationsverlust ist gut zu erkennen.
ABB. 04: Oben die ungestörte Hüllkurve eines Sprachsignals (blau), mittig mit einem Störgeräusch (rot) und unten mit Nachhall (grün). Der Modulationsverlust ist gut zu erkennen.
STI-Wert in ausschließlicher Abhängigkeit vom Pegel des Sprachsignals
ABB. 05: STI-Wert in ausschließlicher Abhängigkeit vom Pegel des Sprachsignals

Der perfekte Wert von 1 wird nur zwischen 55 dBA und 80 dBA erreicht. Unterhalb von 55 dBA entstehen Verluste durch Anteile im Signal, die unter die Hörschwelle fallen. Bei Personen mit Hörverlust setzt der Abfall der STI-Werte schon bei höheren Werten ein. Oberhalb von 80 dBA wird der STI-Wert durch die Selbstmaskierung verschlechtert. Insbesondere in lauter Umgebung, wo schon das Störgeräusch als solches ein Problem darstellt und entsprechend hohe Sprachsignalpegel erforderlich sind, ist die Selbstmaskierung ein unschöner Effekt, der den Wert noch weiter schmälert. Die Maskierung ist im Gegensatz zu älteren Normen (EN 60849) heute immer bei der Bestimmung des STI-Wertes zu berücksichtigen. Eine weitere Grafik aus ABB. 06 zeigt den STI-Wert in ausschließlicher Abhängigkeit vom Störabstand. Für einen Wert von 0 dB wird noch ein STI von 0,5 erreicht. Erst bei einem S/N von 15 dB kommt man auf einen Wert von 1. Die häufig zitierten und angewandten 10 dB S/N reduzieren den STI rechnerisch auf 0,82. Bei dieser Betrachtung sollte man immer im Hinterkopf haben, dass ein nur 3 dB höherer Sprachsignalpegel bereits eine Verdopplung der notwendigen Verstärkerleistung bedeutet.

STI-Wert in ausschließlicher Abhängigkeit vom Störabstand
ABB. 06: STI-Wert in ausschließlicher Abhängigkeit vom Störabstand

Sind alle Aspekte berücksichtigt, dann wird aus den 98 Indizes der finale STI-Wert als Einzahlparameter berechnet. Um mögliche Details braucht sich der Anwender keine weiteren Gedanken zu machen, da aktuelle Messgeräte und auch Simulationsprogramme die Berechnung des STI oder auch STIPA unter Berücksichtigung aller Einflussgrößen beherrschen.

Für eine normgerechte Bestimmung des STI-Wertes kann entweder der STI- oder der STIPA-Wert bestimmt werden. Der STIPA unterscheidet sich dadurch, dass nur 14 der 98 Indizes gemessen oder berechnet werden, so dass die Messung auch mit einem Handpegelmesser wie dem NTI XL2 und dem STIPA Testsignal ausgeführt werden kann. Vollständige STIWerte mit allen 98 Indizes lassen sich nur mit einem PC-Messsystem und der indirekten Methode nach Schroeder über die Messung der Impulsantwort bestimmen.

Nach der Messung oder Berechnung aller STI-Werte für einen Brandabschnitt oder auch einen anders definierten Bereich gilt es noch, daraus den finalen Wert zu ermitteln. Die VDE 0833-4 sagt dazu, dass aus allen Messwerten zunächst der Mittelwert zu bilden ist, von dem dann noch die Standardabweichung abgezogen wird. Eine große Schwankungsbreite innerhalb des gemessenen Bereiches bewirkt damit einen schlechteren Gesamtwert. Der Gedanke dazu ist leicht nachvollziehbar, wo man vermeiden möchte, dass sehr schlechte Teilbereiche durch besonders gute einfach kompensiert werden.

Der so mindestens zu erreichende STI-Wert als Mittelwert abzüglich der Standardabweichung beträgt 0,5. In einigen Fällen kann der zu erreichende Wert auf 0,45 reduziert werden:

  • Im Fehlerfall nach Sicherheitsstufe II oder III
  • Für den Fall, dass ein fester Personenkreis alarmiert wird, der die Durchsagen gut kennt. Das kann z. B. auf einem Firmengelände sein, wo alle Mitarbeiter regelmäßig an Systemprüfungen und Brandschutzübungen teilnehmen.
  • Unter besonders schwierigen raumakustischen Bedingungen (lange Nachhallzeit) oder bei hohem Störgeräusch

Trotzdem tritt immer wieder der Fall ein, dass auch der reduzierte Wert von 0,45 als Mittelwert abzüglich der Standardabweichung nicht erreicht werden kann. Bei einer langen Nachhallzeit in Kombination mit hohem Störpegel werden die Werte meist durch die sich dann auch noch negativ auswirkende Maskierung bei hohen Alarmierungspegeln soweit gedrückt, dass die 0,5 unerreichbar sind und manchmal auch die 0,45 noch verfehlt werden. In der EN 50849 und auch in der europäischen Vornorm DIN CEN/TS 54-32:2016-04 wurde daher das Auswertverfahren dahin gehend geändert, dass von allen Mess- oder Simulationswerten des STI die schlechtesten 10 % verworfen werden können und aus den verbleibenden 90 % der Mittelwert jetzt ohne Abzug der Standardabweichung gebildet wird. Der zu erreichende Gesamtwert von 0,5 bzw. 0,45 in den genannten Sonderfällen bleibt unverändert. Damit geht eine nicht unerhebliche Entschärfung der Vorgaben einher, die einerseits zu begrüßen ist, da die Werte nach VDE 0833-4 häufig nicht erreicht werden konnten, was dann zu mehr oder weniger sinnvollen gerichtlichen Auseinandersetzungen führte, andererseits gibt es jetzt für eine SAA nach VDE 0833-4 und eine ENS nach EN 50849 und auch zur DIN CEN/TS 54-32 unterschiedliche Auswertemethoden, was auch wieder zu Verwirrungen führt. Aus Kreisen der Normenkommissionen ist jedoch zu vernehmen, dass die VDE 0833-4 in ihrer nächsten Fassung an das Auswerteverfahren der 90 % Mittelwertbildung angepasst werden soll, womit dann wieder ein einheitliches Auswerteverfahren für ENS, SAA und SAA nach europäischem Standard gegeben wäre.

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Fazit

Die Planung und Installation einer Lautsprecheranlage zur Sprachalarmierung als SAA oder ENS bedarf einer Menge Sorgfalt und vor allem der peinlichen genauen Beachtung aller relevanten Normen und baurechtlichen Vorschriften. Erschwert wird die Lage manchmal durch unklare Vorgaben oder Formulierung aus dem Brandschutzkonzept. Sollten hier Unklarheiten bestehen, dann ist der dringende Rat, diese immer zuerst vor dem Beginn der Planung zu klären und auch schriftlich zu formulieren. Bei der eigentlichen Planung einer Sprachalarmanlage müssen(!) die zu erwartenden raumakustischen Verhältnisse und auch der zu erwartende Störpegel bekannt sein oder nachvollziehbar über Berechnungen oder Messungen bestimmt werden.

Schränke einer großen Sprachalarmzentrale mit Komponenten von TOA
Bild 04: Schränke einer großen Sprachalarmzentrale mit Komponenten von TOA (Bild: Anselm Goertz)

Ohne Kenntnisse der raumakustischen Verhältnisse und des zu erwartenden Störpegels ist die Planung einer Sprachalarmanlage nicht möglich! Eine Erkenntnis aus einer Planung kann es aber auch sein, dass bei gegebenen raumakustischen Verhältnissen oder durch andere Einschränkungen wie z. B. Denkmalschutz oder Architektur eine normgerechte Beschallung nicht möglich ist. In so einem Fall hilft nur das Gespräch mit allen Beteiligten von den Bauherren über Architekten bis zum Brandschutzsachverständigen, um das Problem zu lösen. Lösungen können je nach Ausgangssituation z. B. mithilfe raumakustischer Maßnahmen oder auch durch Ersatzmaßnahmen zur Alarmierung erreicht werden.

Die in diesem Beitrag angesprochenen Aspekte zum Thema Sprachalarmierung umfassen nur einen kleinen Teil des zur Planung und zum Aufbau einer solchen Anlage notwendigen Wissens. Viele weitere Infos dazu gibt es in den hier genannten Normen und in den sehr gut verfassten Veröffentlichungen des ZVEI-Fachkreises Leistungsgemeinschaft Beschallungstechnik. Einmal pro Jahr veranstaltet der ZVEI zudem in Frankfurt eine Fachtagung zum Thema „Elektroakustische Notfallwarnsysteme (ENS) und Sprachalarmanlagen (SAA)“, die in diesem Jahr am 7. November stattfinden wird. Nicht unerwähnt bleiben sollte natürlich das Standardwerk „Fachkraft für Sprachalarmanlagen nach DIN 14675“ von Andreas Simon, das zurzeit gerade an die aktuelle Normensituation angepasst und für die zweite Auflage überarbeitet wird.

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Einspruch Euer Ehren: 😉
    Baurechtlich relevant sind lediglich die Verordnungen und Richtlinien der Bundesländer, z.B. Versammlungsstätten- Verordnung (VStättVo), Schulbaurichtlinie, etc… . Zur baurechtlichen Prüfung von Alarmierungsanlagen gelten die technischen Prüfverordnungen der jeweiligen Bundesländer (TPrüfVo).
    Als Basis der Verordnungen – zur Umsetzung in den Bundesländern – gelten die Muster der Bauministerkonferenz (https://www.bauministerkonferenz.de/verzeichnis.aspx?id=991&o=759O986O991).

    Weder in den Verordnungen zu den einzelnen Bauten, noch in den Prüfverordnungen werden DIN- oder EN- Normen benannt und sind somit baurechtlich nicht relevant.
    Als Beispiel der Auszug aus der VStättVo Nds:
    ” … Versammlungsstätten mit Versammlungsräumen von insgesamt mehr als 1000 m² Grundfläche müssen Alarmierungs- und Lautsprecheranlagen haben, mit denen im Gefahrenfall Besucherinnen und Besucher, Mitwirkende und Betriebsangehörige alarmiert und Anweisungen erteilt werden können. …”

    Eine Ausführung nach Normen und Zertifizierungen (z.B. DIN14675) kann privatrechtlich, zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, vereinbart werden.

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    1. Ja, in der Theorie und den vorhandenen Musterverordnungen und Verordnungen stimme ich hier zu. Jedoch ändert sich die Sachlage sobald eine Untere Bauaufsichtsbehörde bei einem Bauvorhaben eine Brandmelde- und Sprachalarmanlage nach DIN 14675-1 (2020-01) zur Auflage macht, um die Forderungen aus den Vo’s zu erfüllen.
      Dann besteht die baurechtliche Forderung nach den in DIN 14675-1 beschriebenen Abläufen zu Errichten und das gesamte dahinter hängende Normenkonstruckt (DIN VDE 0833-1,-2,-4 so wie die entsprechenden EN54-XX) erhalten Baurechtlich Relevanz.

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  2. Ein Problembereich wurde hier – wie leider viel zu oft – völlig außer Acht gelassen: Was ist mit Schwerhörigen, Ertaubten, Gehörlosen oder Fremdhörenden (Personen mit Deutsch als Fremdsprache)?

    Bei Ertaubten und Gehörlosen ist es selbsredend, dass ihr STI garantiert immer = 0 ist. Aber auch Schwerhörige haben einen sehr reduzierten STI, genauso wie Fremdhörende. Diese benötigen neben einer SAA Maßnahmen nach dem Zweisinne-Prinzip.

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