Holodeck für Gebäude- und Infrastrukturplanung

BIM Software: Building Information Modeling

Die Zeiten von Risszeichnungen und CAD-Planungen sind wohl in naher Zukunft vorbei. Die neue virtuelle Planungsmethode BIM revolutioniert das Planungswesen, kann durch bessere Koordination Fehler und Kosten reduzieren.

Auszug aus der BIM Software
(Bild: Bosch, Open)

Seit wenigen Jahren macht unter Planern und Architekten ein neues Zauberwort die Runde, Building Information Modeling, kurz BIM. Dabei handelt es sich um intelligente, zum Teil interaktive 3D-Modelle für unterschiedliche Aufgabenstellungen. Entwürfe können besser visualisiert werden, Änderungen hinsichtlich der Strukturen und Aufgaben lassen sich zeitnah einarbeiten.

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Anders als etwa in der CAD-gestützten Architekturplanung, bei der jede Änderung einen immensen Aufwand zur Folge hat, sind bei BIM alle Modifizierungen für sämtliche Beteiligten sofort verfügbar. Wird zum Beispiel die Anlage eines Grundrisses korrigiert, kann die Zahl und Art der benötigten Türen, Fenster oder Videokameras beträchtlich vom Ursprungsplan abweichen. Im BIM-gestützten Modell werden die entsprechenden Parameter sofort durchgerechnet und aktualisiert, die entsprechenden Gewerke über die neuen Vorgaben informiert.

Digitale Planungskette

Die Idee an sich, eine Art von digitaler Kette zwischen den einzelnen Planungs- und Nutzungsphasen eines Gebäudes oder einer Anlage zu knüpfen, ist schon älter. Bereits vor 20 Jahren gründete sich in Deutschland die Industrieallianz für Interoperabilität e.V.. Heute soll sie unter dem Namen buildingSMART Projektabwicklungen durch integrierte Informationsverarbeitung effizienter und damit qualitäts-, termin- und kostensicherer machen. Das soll durch verschiedene Aspekte dieses Verfahren sichergestellt werden:

  • Durch eine gemeinsame, kontinuierlich synchronisierte Datenbasis steigt die Qualität der vorhandenen Daten.
  • Diese stets aktuellen und relevanten Daten sind für alle Beteiligten nutzbar.
  • Alle Beteiligten können sich unmittelbar miteinander austauschen Ein BIM-Modell stellt dabei nicht nur einfach ein virtuelles 3D-Modell dar. Neben den üblichen räumlichen Daten und Angaben zu benötigten Werkstoffen können Kosten und Termine eingepflegt werden. Die Verantwortlichen erhalten so ein wesentlich lebensnäheres Bild vom Fortgang der Prozesse als zuvor.

Derzeit scheint BIM vor allem im Bereich der Bauplanung und -ausführung ein zunehmend wichtiger Trend zu sein. Nicht von ungefähr bieten inzwischen sämtliche namhaften CAD-Hersteller auch BIM-Verfahren an. Die Virtualisierung unterschiedlichster Parameter eröffnet ganz andere Chancen auch für softwaregestützte Anwendungen.

Ein BIM-Modell könnte so künftig zur virtuellen Steuerung von allerlei vor Ort vorhandenen Anlagen genutzt werden. Die Möglichkeiten reichen dabei von der Gebäudesicherheit bis hin zur Steuerung von Konferenzmedien, sämtlich Bereiche, in denen AV-Medien gesteuert und koordiniert werden müssen.

BIM bei Bosch

So offeriert etwa Bosch Sicherheitssysteme seit Oktober BIM-Dateien zur Unterstützung digitaler Gebäudedatenmodellierung. Diese Informationen beziehen sich auf Bosch-IP-Videokameras und erlauben die Simulation des Sichtfelds einer Kamera schon im digitalen Modell. Das unterstützt die Projektteams im Voraus bei der Planung einer Sicherheitslösung. Der Bereich der Videoüberwachung soll schrittweise ergänzt werden, weitere Dateien wie zum Beispiel für Rauchmelder sollen hinzukommen.

Das Unternehmen will ein BIM-Dateienportfolio anbieten, das für alle Beteiligten und Bereiche eines Bauprojekts relevant ist, und sich damit für Projektverantwortliche unentbehrlich machen. Ein weiterer Vorteil von BIM: Das Konzept kann nicht nur bei der Planung und Modellerstellung für Neuprojekte verwendet werden. Genauso gut können bereits vorhandene Gebäude und darin installierte Anlagen in ein virtuelles Modell überführt werden, anhand dessen weitere Planungsschritte für Erweiterungs- oder Umbaumaßnahmen aller Art durchgespielt werden.

Was das für den AV-Bereich bedeutet, demonstrierte gerade Professional Audio Designs. Das amerikanische Unternehmen war im Sommer damit beschäftigt, die komplette AV-Ausstattung beim Ascend Amphitheater zu installieren, einem Open-Air-Veranstaltungsort in Nashville im US-Bundesstaat Tennessee. Da in der Vorbereitungsphase bereits alle Planungen mit dem BIM-kompatiblen Revit-Autodesk durchgeführt worden waren, konnten die Entwickler von Professional Audio Designs mit ihren AV-Konzepten direkt daran andocken.

Das erwies sich wegen der im Verlauf der Arbeiten unvermeidlichen Änderungen hinsichtlich der Standorte für das Equipment sowie der Auswahl der Modelle als unschätzbarer Vorteil. Mit zweidimensionalen CAD-Dateien oder gar Zeichnungen wären die erforderlichen Umplanungen nie in der kurzen Zeit durchzuführen gewesen, wie sie dank Revit und BIM möglich wurden, so Planer Justus Traeger im hauseigenen Blog.

BIM in der AV-Planung und Montage

Dank des stets aktuellen Zeitmanagements durch Revit konnten mehrere Aspekte des Installationsprozesses ohne Zeitverzug berücksichtigt werden. Das ermöglichte die Nachverfolgung des bestellten Equipments und dessen Einpassung in den laufenden Installationsvorgang. So wussten die Monteure, welche Gerätschaften jeweils wo als nächstes installiert und wo Kabel gezogen werden mussten.

Die durch Revit/BIM erzielte Zeit- und Kostenersparnis sei besonders wichtig gewesen, da das ganze Projekt fernab vom Firmensitz in Milwaukee, Wisconsin, gestemmt werden musste, so Traeger.

Erschwerend sei allerdings der Mangel an standardisierten Dokumentations- und Kooperationsverfahren unter den beteiligten Gewerken gewesen. Das sei allerdings weder deren Fehler noch der des Bauherrn. Vielmehr liege die Ursache darin, dass das BIM-Verfahren für viele Unternehmen weniger im Planungs-, aber vor allem im Baubereich noch immer Neuland bedeute.

Wenn jedoch alle Projektbeteiligten ihre möglichst aktuellen Daten und Informationen untereinander teilten, könnten Konflikte schon im Vorfeld ausgeräumt und erhebliche Kostenreduzierungen erzielt werden. Mit BIM könnten Verbesserungen im laufenden Prozess wesentlich erleichtert und zugleich einfach dokumentiert werden.

Bis zum wirklichen Durchbruch dürfte es noch einige Zeit dauern, derzeit mangelt es auch in Europa noch an einheitlichen Standards. Diese müssten unter anderem festlegen, welche Schnittstellen berücksichtigt, wie das Datenmanagement konzipiert und welche Datenrechte dabei einkalkuliert werden sollen. Sind diese Voraussetzungen jedoch geschaffen, dann könnten Träume von der effizienten Abwicklung selbst größter Projekte eines Tages wahr werden.

Vielleicht kommt die Zeit, in der Planer (und Steuerzahler) nur noch mit nostalgischem Gruseln auf Planungdesaster wie bei der Hamburger Elbphilharmonie, dem Berliner Großflughafen, dem Stuttgarter Bahnhof 21 oder der Kölner Opernsanierung zurückblicken.

 

 

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