Für die Decke

Mikrofon-Array mit Lautsprecher und DSP: Shure MXA902 im Test

Mit einer für den Deckeneinsatz konzipierten Kombination aus Mikrofon-Array, Breit­bandlautsprecher und DSP erweitert Shure sein Konferenztechnik-Portfolio. Das multifunktionale Produkt eignet sich für den Einsatz in kleinen bis mittelgroßen Räumen, wobei es eine schnelle und unkomplizierte Einrichtung verspricht.

Shure MXA902
Shure MXA902 (Bild: Jörg Küster)

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Inhalt dieses Tests:


Eine kombinierte Deckenmikrofon/Lautsprecher-Lösung mit integriertem IntelliMix DSP: das verbirgt sich hinter der Microflex Advance MXA902. Im Juni 2023 als neue Lösung für Konferenzanwendungen vorgestellt, ist sie für AV-Konferenzen in kleinen bis mittelgroßen Räumen kon­zipiert. Äußerlich unterscheidet sich das neue Produkt auf den ersten Blick kaum vom Schwestermodell MXA920. Erst bei genauerem Hinsehen wird deutlich, dass auf der Rückseite sogar noch ein Lautsprecher samt flachem Verstärkermodul ergänzt wurde.

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Positionierung und Konnektivität

Das quadratische MXA902 (5,8kg / 593,8 × 593,8mm) wird ab Werk mit einem weißen Gehäuse ausgeliefert, ist aber mittels Ersatzrahmen prinzipiell auch in Schwarz oder in Aluminiumoptik erhältlich. Individuelle Lackierun­gen sind passend zum Ambiente möglich, wobei geübte Farbwerker:innen sich sowohl der Gitterabdeckung als auch dem Gehäuse widmen können, vorzugsweise auf weißer Ausgangsbasis.

An einer Ecke des Schutzgitters befindet sich ein Shure-Logo, flankiert von einer länglichen LED-Statusanzeige. Letztere kann verschiedene Farben und Helligkeiten an­nehmen, die in der Shure Designer Software (siehe hier) flexibel eingestellt werden können. Neben dem Logo be­findet sich ein Reset-Taster.

Verschiedene Montageoptionen, zu denen die Halte­rungen A900-CM und A910-HCM, die Anbringung an einem Pole (A900-PM Stangen-Montagesatz) sowie das Abhängen mit Drahtseilen (A900-GM Seil-Montagesatz) gehören, ermöglichen eine zu den lokalen Gegebenhei­ten passende Integration des MXA902. Kleiner Tipp am Rande: Wenn es sich um einen rechteckigen Raum han­delt, in dem eine Bildwiedergabe (Projektion/Screen) auf einer kurzen Seite stattfindet, ist es sinnvoll, das MXA902 nicht mittig, sondern im vorderen Drittel des Raums anzu­bringen. Der Grund dafür ist, dass sich Anwesende in Richtung des Bildes orientieren und auch in diese Rich­tung sprechen – das Mikrofon klingt einfach besser, wenn es sich in Richtung der sprechenden Person und nicht hin­ter ihr befindet.

Tim Lubrant am Laptop arbeitend
Tim Lubrant, Manager Integrated Systems Sales Shure Europe: Anpassung der Lautsprecherwiedergabe an die örtlichen Gegebenheiten unserer Redaktionsräume (Bild: Jörg Küster)

Die Stromversorgung des MXA902 erfolgt über einen einzelnen Netzwerkanschluss via Power over Ethernet Plus (PoE+, Leistungsaufnahme max. 24W), wobei das Cat-Kabel auch Dante-Signale / Steuerbefehle transportiert. Steht die Sicherheit im Vordergrund, können Signale zwi­schen dem MXA902 und angeschlossenen Shure-Geräten wie der Aniusb-Matrix mithilfe der „Shure Networked Au­dio Encryption“ verschlüsselt übertragen werden. Com­mand Strings ermöglichen die nahtlose Integration von Raumsteuerungssystemen.

Dass sich Mikrofon, Lautsprecher und DSP beim MXA902 in einem Gerät befinden, trägt in Besprechungs- und Kon­ferenzräumen zu einem aufgeräumten Erscheinungsbild bei, da Tischmikrofone und viele Kabelwege entfallen. Die prinzipiellen hygienischen Vorteile von Deckenmikrofonen gegenüber Tischein- und -aufbauten sind durch die Corona­pandemie hinlänglich bekannt.

Das Shure MXA902 ist über zertifizierte Partner des Herstellers erhältlich, die das neue Modell ohne besondere Schulung installieren können – wer sich mit dem Shure Ecosystem auskennt, wird dafür nur wenig Zeit benötigen. Ist das System ein­mal eingerichtet, sind in der Regel keine weiteren Maß­nahmen zu einem späteren Zeitpunkt erforderlich.

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Inneres

Mikrofon-Arrays, wie sie im MXA902 verbaut sind, haben bei Shure Tradition: Bereits 2016 brachte der Hersteller mit dem MXA910 sein erstes Mikrofonsystem dieser Art auf den Markt. Dass die Bestückung des MXA902 mit der des MXA920 identisch ist, wird von Shure nicht be­stätigt, dürfte aber mit einiger Wahrscheinlichkeit der Fall sein. Laut Hersteller soll das Mikrofon-Array Frequenzen zwischen 125Hz und 20kHz erfassen. Über Details des Innenlebens hüllt sich Shure konsequent in Schweigen. Als sicher kann jedoch gelten, dass mehr als hundert MEMS-Kapseln („Micro Electro Mechanical System“) zum Einsatz kommen.

Lautsprecher auf der Mikrofon-Rückseite
Lautsprecher auf der Mikrofon-Rückseite, ergänzt um ein flaches Verstärkermodul (Bild: Jörg Küster)

Der in das MXA902 integrierte IntelliMix DSP (Audiosignalverarbeitung mit 24 Bit bei 48kHz) stellt für das Mikrofon-Array die Funktionen AGC (Automatic Gain Control), AEC (Automatic Echo Cancellation), NR (Noise Reduction, z.B. für konstante Hintergrundgeräusche einer Klimaanlage), PEQ (parametrischer Vierband-Equalizer, inkl. Option zur automatischen Contour-Einstellung), Comp (Kompressor) und Delay zur Verfügung. Ein Mute-Button ist ebenfalls in der Software vorhanden; als PoE-gepowerte Hardware kann die netzwerkfähige Stumm­schalttaste MXA-NMB (Network Mute Button) in Kombi­nation mit dem MXA902 verwendet werden. Manuell lässt sich die Vorverstärkung über einen Bildschirmfader oder Plus/Minus-Tasten einstellen; ein dBFS-Meter visuali­siert den aktuellen Pegel. Die Latenz (ohne Dante) beträgt 26,6ms. Der Dynamikumfang wird mit 77,5dB angege­ben, das Eigenrauschen mit 18,24dB SPL (A-Bewertung).

Erwartungsgemäß lässt sich auch die Lautsprecherwie­dergabe mittels IntelliMix DSP beeinflussen: Zwei im Gain regelbare virtuelle Dante-Inputs (Hauptsignal und zweiter Eingang für ein alternatives Signal) stehen zur Verfügung und lassen sich frei benennen. Als DSP-Funktionen für den Lautsprecher stehen Gain, Delay, Signal Generator (Pink/White Noise, Sinus), PEQ und Comp bereit. Auch der Ausgangspegel lässt sich über einen Fader oder Plus/Minus-Tasten regeln. Alle Gain-Einstellungen werden über dBFS-Meter visualisiert. Die Latenz (ohne Dante) beläuft sich auf 6,3ms.

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Integrierter Lautsprecher

Zu den Besonderheiten des MXA902 gehört ein einge­bauter, für die Reproduktion von Sprache optimierter 2,5″-Breitbandlautsprecher samt Verstärkerelektronik, der als mit einer grauen Kunststoffschale verkleidete Erhebung auf der Rückseite des Deckenmikrofons zu erkennen ist. Es ist vollkommen klar, dass ein Lautsprecher dieser Größe nicht geeignet ist, um im Büro laute Musik abzuspielen, aber bei der Wiedergabe von Sprache überzeugt das Chassis. Auch bei der Wiedergabe von begleitender Musik einer Präsentation macht das Modell in Anbetracht seiner geringen Größe eine durchaus annehmbare Figur. Letzteres gilt schon in der Grundeinstellung ohne jegliche Klangbearbeitung, und mit ein wenig „Tweaking“ der DSP-Funktionen können die Ergebnisse in Abhängigkeit von der Raumbeschaffenheit weiter verbessert werden. Bei unserem Probeaufbau in den Kölner Räumen der Redaktion zeigte sich, dass der Lautsprecher abhängig von der lokalen Akustik weit in den Raum hinein trägt – es ist also nicht so, dass lediglich sich direkt unter dem MXA902 befindende Personen von oben mit Schall „ge­duscht“ werden. Der Abstrahlwinkel wird vom Hersteller mit 80 Grad angegeben; der maximale Schalldruck soll 86dB SPL erreichen.

Designer Software-Version 4.7
Designer Software: An unserem Probeaufbau war neben dem MXA902 eine Aniusb-Matrix beteiligt. Die beiden Shure Devices ließen sich in der von uns genutzten Designer Software-Version 4.7 einfach per Drag-and-drop auf die Arbeitsoberfläche ziehen. (Bild: Jörg Küster)

Bedenken wegen der Nähe von Lautsprecher und Mikro­fonkapseln sind beim MXA902 unbegründet, denn die IntelliMix-Logik leistet ganze Arbeit, um unerwünschte Rückkopplungen zu vermeiden. Das Lautsprechersignal wird automatisch als AEC-Referenz zugewiesen, so dass kein besonderes Signal-Routing erforderlich ist. Darüber hinaus wird der Lautsprecher nicht für Voice-Lifting-Aufgaben genutzt, sondern gibt Stimmen der Gegenseite (bei einer Videokonferenz) oder Multimediaton wieder.

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Noch mehr Unterschiede zum MXA920

Nicht nur der integrierte Lautsprecher unterscheidet das neue MXA902 vom Schwestermodell MXA920:

Bei aller Ähnlichkeit zum MXA920 ist die Reichweite des MXA902 mit 6,1 × 6,1m (20′) geringer, wobei die von Shure garantierten Angaben eher konservativ sind – unser Testaufbau zeigte, dass die Ergebnisse auch bei Entfernungen von mehr als 6m durchaus in Ordnung sein können, sofern die raumakustischen Bedin­gungen stimmen. Natürlich ist der Klang in der Nähe des Mikrofon-Arrays besser und präsenter bei weniger Raum­anteil, aber eine recht gute Verständlichkeit ist auch bei größeren Distanzen gegeben, sofern es in der Umgebung ruhig ist. Die Erfassung von Stimmen funktioniert dyna­misch, unabhängig davon, ob die sprechende Person sitzt, steht oder sich bewegt. Im Gegensatz zum MXA920 können definierte Raumbereiche nicht gezielt von der Mikrofonerfassung ausgeschlossen werden.

Während sich beim MXA920 bis zu acht Zonen/Lobes für die Erfassung von Sprechenden einrichten lassen, ist beim MXA902 lediglich eine Single-Zone verfügbar – das MXA902 detektiert automatisch die Zahl der sprechen­den Personen, erfasst diese mit bis zu acht Beams und unterdrückt störende Nebengeräusche aus dem Raum. Die „Single Zone Automatic Coverage“-Technologie mit deutlich weniger Einstellmöglichkeiten als beim MXA920 muss nicht unbedingt ein Nachteil sein, denn sie erleich­tert die Einrichtung des Systems.

Wenn die Kameraverfolgung von Sprechenden ge­wünscht ist, wäre das MXA920 eindeutig die bessere Wahl, da es XYZ-Koordinateninformationen für geeignete Systeme bereitstellt. Das MXA902 hingegen wurde für kleine bis mittelgroße Räume entwickelt, in denen eine einzelne Kamera mit Auto-Framing in der Regel ausreicht. Das MXA902 liefert daher keine Raumkoordinaten.

Shure rät davon ab, mehrere MXA902 im selben Raum zu installieren, da dies zu Echo-Artefakten führen kann. Der eingebaute Lautsprecher ist die AEC-Referenz, weshalb keine Shure MXN5-C oder andere externe Lautsprecher verwendet werden sollten.

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Designer Steuersoftware

Das MXA902 wird mit der Shure Designer Steuersoftware geliefert, die eine intuitiv erfassbare Bedienoberfläche für Konfiguration und Verwaltung bereitstellt. An unserem Probeaufbau war neben dem MXA902 eine Aniusb-Matrix (Audio Network Interface mit Matrix-Mixing) beteiligt. Letztere ist erforderlich, um das MXA902 mit einem USB-Port des Rechners zu verbinden; es wird also in beide Rich­tungen zwischen Dante und USB konvertiert. Zusammen bilden MXA902 und Aniusb-Matrix eine zertifizierte Lösung für Microsoft Teams und Zoom; die Kombination ist kom­patibel mit gängigen Kollaborationsplattformen. Weiter­führende Informationen zur Aniusb-Matrix sind im Netz zu finden.

Die beiden Shure Devices ließen sich in der von uns ge­nutzten Designer Software-Version 4.7 einfach per Drag-and-drop auf die Arbeitsoberfläche ziehen. Anschließend führte ein Mausklick auf „Optimize“ zu einer spielferti­gen Konfiguration, die sofort einsatzbereit ist, wenn man sich nicht mit Feintuning beschäftigen möchte. Letzteres wäre schade, denn es stehen, wie weiter oben bereits er­wähnt, viele Processing-Möglichkeiten bereit, mit denen sich das volle Klangpotenzial des MXA902 erschließen lässt. Da nur ein Kanal und nicht wie beim MXA920 bis zu acht Kanäle bearbeitet werden können, ist die Einstell­arbeit schnell erledigt. Für Übersicht sorgt die „Coverage Map“, eine grafische Flächendarstellung, die auf Wunsch auch mit einem Foto des Aufstellungsortes hinterlegt werden kann und den Abdeckungsbereich des MXA902 anzeigt. Orientierung zur korrekten Ausrichtung des in der Software frei positionierbaren MXA902 bietet das Shure Logo, das in der Nähe einer Gehäusekante ange­bracht ist.

Eine Installation kann offline in der Designer Software vorbereitet werden, bevor es auf die Baustelle geht, aber die Einrichtung kann auch vor Ort im so genannten „Live Mode“ durchgeführt werden, bei dem alle Einstellungen direkt übernommen werden.

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Einordnung

Mit dem MXA902 schließt Shure eine bislang im Portfolio vorhandene Lücke. Der Listenpreis für das neue Modell beläuft sich auf 3.600€ netto; für die Aniusb-Matrix sind 857€ (Nettopreis) zu budgetieren. Das MXA920 hingegen schlägt mit 5.100€ (Liste netto) zu Buche, bietet dafür allerdings auch deutlich mehr DSP-Power, umfangreichere Konfigurationsoptionen, XYZ-Koordinaten­informationen für das Kamera-Tracking, eine weitere Ab­deckung von 9 × 9m und vieles mehr.

Aniusb-Matrix
Aniusb-Matrix: In unserem Probeaufbau verband die Matrix einen Laptop über USB mit dem MXA902 (via RJ45). (Bild: Jörg Küster)

Als Kombination aus Deckenmikrofonarray und Laut­sprecher mit eingebauten DSP steht das Shure MXA902 derzeit allein auf weiter Flur. Dass in Kombination mit der Aniusb-Matrix eine Lösung für Microsoft Teams und Zoom entsteht und das MXA902 kompatibel mit weiteren Kolla­borationsplattformen ist, mag für technisch nicht so ver­sierte Nutzer:innen hilfreich sein: Laptop anschließen und los geht’s! Gängige Audio-Videobars mit Mikrofon(en) sind mit dem MXA902 nicht wirklich vergleichbar, da Mikrofo­nierung und Klangwiedergabe hier von vorne erfolgen.

Bleibt noch der Systemgedanke: Wenn ein Kunde be­reits MXA920 in großen und/oder repräsentativen Räu­men einsetzt, ist es sicher keine schlechte Idee, kleinere Räume für bis zu 15 Personen mit einem MXA902 auszustatten: Die Mikrofonierung ist von gleicher Quali­tät, der Installationsaufwand gering, ein Lautsprecher ist mit an Bord, und man bleibt im Shure Ecosystem. Dass dies in der Praxis bereits so gehandhabt wird, zeigen Räumlichkeiten bei einem DAX-Konzern in Leverkusen.

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Lieferbar? Klar!

In Zeiten wie diesen drängt sich die Frage nach der Liefer­fähigkeit eines Herstellers auf. Tim Lubrant, Manager In­tegrated Systems Sales bei Shure, beantwortete sie Ende August 2023 wie folgt: „Das MXA902 ist lieferbar! Zum Jahresendspurt haben wir alle Standardprodukte auf Lager. Für die Aniusb-Matrix und das MXA310 Tisch-Mikrofon-Array gibt es Lieferzeiten von zwei bis sechs Wochen. Unser Konferenzsystem MXCW und auch unser MXW DECT-System sind verfügbar, ebenso die Shure-Drahtlossysteme.“

Tim Lubrant fährt fort: „Es liegen spannende Monate vor uns, denn Shure gibt weiter Gas, und schon bald werden wir neue Produkte für den Systems-Bereich vorstellen und auch die Designer Software mit neuen Features bereichern. So viel sei verraten: Unsere Partnerinnen und Partner so­wie Kundinnen und Kunden können sicher sein, dass ihre Wünsche bei Shure Gehör gefunden haben.“

Lautsprecherwiedergabe der Designer Software
Abgleich: In diesem Part der Designer Software lässt sich die Lautsprecherwiedergabe wunschgemäß parametrisieren. (Bild: Jörg Küster)

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