Comeback mit neuer Show

Gänsehaut-Momente im rock’n’popmuseum Gronau

Im neu gestalteten rock’n’popmuseum können Besucher in unterschiedliche Epochen der Rock- und Popgeschichte eintauchen – mit multimedialer Unterstützung sollen sie „Gänsehaut-Momente wie bei einem Live-Konzert“ erleben.

rock’n’popmuseum Gronau(Bild: Jörg Küster)

Inhalt dieser Case Study:

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Menschen, die Rock(musik) in den späten 1960er-Jahren auf die Titelseiten der seinerzeit noch florierenden Zeitschriftenlandschaft brachten und mit unkonventionellen Lebensentwürfen sittsame Bürgerkinder zu allerlei unschicklichem Verhalten animierten, kommen langsam, aber sicher in ein Alter, in dem ein gepflegtes Nickerchen zur Mittagszeit sowie die Beschäftigung mit den zahlreichen Enkelkindern (sofern genetisch klar zuzuordnen und persönlich bekannt …) eher auf der Tagesordnung stehen als Sex, Drogen und wilde Aftershow-Partys.

rock’n’popmuseum von außen
Das rock’n’popmuseum befindet sich in einem historischen Fabrikgebäude, das vormals zum weitläufigen Gelände der Van-Delden-Spinnerei gehörte. (Bild: Jörg Küster)

Den langhaarigen Rebellen von einst setzt die Lokalpolitik heute Denkmäler: Panikrocker Udo Lindenberg etwa wird in seiner Heimatstadt Gronau mit einer inmitten eines Kreisverkehrs platzierten Statue geehrt, und auch das bekannte rock’n’popmuseum wäre ohne den kultigen Ehrenbürger in den grünen Weiten des westlichen Münsterlands wohl kaum denkbar.

Bei einem Besuch in der popmusikalischen Gedenkstätte werden Erinnerungen wach, und mitunter sieht man in Ehren ergraute Rocker andächtig mit feucht glänzenden Augen innehalten: „Sooo lange ist das doch noch gar nicht her …“, wird der eine oder andere Gast vermutlich denken, und auch der Autor dieses Artikels muss einräumen, dass er im Untergeschoss des Museums beim Aufenthalt in einer realitätsnahen Rekonstruktion des legendären Can-Tonstudios für einen kurzen Moment ein wenig mitgenommen war – wer den Spirit in einem ehemaligen Kinosaal „lebendig“ kannte, wird den vorübergehenden Anflug von Sentimentalität möglicherweise nachvollziehen können …

Alles nur Spinnerei …

Das rock’n’popmuseum in Gronau wurde nach einjähriger Überarbeitung im November 2018 wiedereröffnet und erstrahlt 14 Jahre nach seiner ursprünglichen Einweihung in neuem Glanz. Innerhalb des historischen Fabrikgebäudes, das vormals zum weitläufigen Gelände der Van-Delden-Spinnerei gehörte, zog die Dauerausstellung vom Keller in das Erdgeschoss, wo sie heute in der ehemaligen Turbinenhalle untergebracht ist.

rock’n’popmuseum Gronau
Während der Pophimmel-Show werden die vier Projektionsfolien parallel bespielt. (Bild: Jörg Küster)

Das UG beheimatet nun den Live-Club „Turbine“, einen pädagogischen Bereich („rock’n’popLabor“) sowie die Nachempfindung des bereits erwähnten, inzwischen leider technisch nicht mehr einsatzfähigen Can-Studios. Im Museumsfoyer entstanden ein hippes Café sowie Räumlichkeiten für die Pre-Show: Ähnlich wie in einem Freizeitpark werden Gäste zu Beginn ihres Rundgangs in einem separierten Bereich auf das bevorstehende Erlebnis eingestimmt; darüber hinaus wird der Besucherstrom mit dieser Maßnahme geschickt entzerrt. In der Ausstellung können Musikliebhaber kulturhistorisch mehr oder minder bedeutsame Exponate wie eine Sonnenbrille von Janis Joplin, ein Hemd von Kurt Cobain oder eine Gitarre von AC/DC in Augenschein nehmen. Darüber hinaus gibt es Fotos, Tonträger und Zeitdokumente en masse – besondere Aufmerksamkeit ziehen auf dem Museumsparcours mit fester Wegeführung und zahlreichen massiven Einbauten jedoch stets die multimedial angereicherten Stationen auf sich.

Die Ausstellung ist nicht chronologisch aufgebaut, sondern in neun Themeninseln mit Schwerpunkten wie „Roots“ (Wurzeln der Popmusik), „Performance“ oder „Fans und Identifikation“ gegliedert. „Die grundsätzliche Frage für unser Museum lautet, wie man Rock- und Popmusik zeigen kann“, sagt Thomas Albers, Geschäftsführer rock’n’popmuseum, und weist darauf hin, dass im Rahmen der Umgestaltung u. a. eine zeitgemäße Erneuerung der Tontechnik erfolgte. Die vormals beim Rundgang durch die Ausstellung vielfach beklagte Lautsprecher-Kakophonie (Besucherzitat: „Früher klang das hier wie auf der Kirmes …“) ist inzwischen kein Thema mehr.

Auftakt mit Udo

Die etwa 650 m2 große Dauerausstellung wurde von Andreas Heller Architects & Designers im Rahmen der Umgestaltung als „kaleidoskopischer Blick in die Rock- und Popgeschichte“ neu konzipiert. Den Komplettauftrag für die Realisierung der Medientechnik sowie der Beleuchtung erhielt die Hamburger „göpotec Gesellschaft für Licht und Elektrotechnik mbH“. Weite Teile der neu einzubringenden Medientechnikkomponenten wurden über die Trius Vertrieb GmbH & Co. KG aus Ibbenbüren bezogen.

rock’n’popmuseum Gronau
Große 55″-Bildschirme sind innerhalb der Dauerausstellung hochkant in Stelen montiert, welche die Zugänge zu den Themeninseln markieren. (Bild: Jörg Küster)

Der Ausstellungsauftakt ist nicht ganz unerwartet Udo Lindenberg vorbehalten, der bekanntermaßen in einem Gronauer Doppelkornfeld das Licht der Welt erblickte und Besucher mittels Monitorinstallation in der ihm eigenen Art begrüßt. Vier Iiyama Signage-Displays (ProLite LH5582SB-B1) mit IPS-Panels sind in der Pre-Show als Panorama-Konstellation vor einer bemerkenswerten Tapete angeordnet, deren Muster und Farbgebung in den 1970er-Jahren fraglos en vogue waren. Der Ton wird während der Pre-Show über links und rechts der Bildschirme an der Wand angebrachte Genelec-Studiomonitore wiedergegeben; die am Zugang ausgehändigten Kopfhörer (siehe unten) setzen Besucher erst im Anschluss auf.

Die in der Dauerausstellung verbauten Displays stammen überwiegend von Iiyama und weisen unterschiedliche Diagonalen im Bereich um 24 Zoll auf. Die Screens wurden größtenteils bereits in der früheren Ausstellung genutzt; bei historischem Bildmaterial finden gelegentlich 4:3-Formate Verwendung. Große 55″-Bildschirme sind innerhalb der Dauerausstellung hochkant in Stelen montiert, welche die Zugänge zu den Themeninseln markieren. An der letzten Station sind 55″-Screens quer in breite Infostationen integriert – hier kann man in der so genannten Interviewzone Gesprächen mit erfolgreichen Konzertveranstaltern folgen.

rock’n’popmuseum Gronau
Der Rundgang führt durch schwarze Vitrinenschluchten. (Bild: Jörg Küster)

Ein kurzer Blick auf die hölzernen Rückseiten der Stationen zeigt BrightSign Player aus der HD3-Serie. Die 51 in der Ausstellung verteilten Player sind in ein Bright-Sign Network eingebunden; innerhalb der Dauerausstellung werden die dezentral auf Flash-Karten in den Playern abgelegten Inhalte allerdings selten bis nie ausgetauscht. Die Netzwerkanbindung sorgt nicht zuletzt dafür, dass bei Bedarf auch solche Player komfortabel adressiert werden können, die an schwer zugänglichen Stellen montiert sind.

„Sowohl die Displays in der Dauerausstellung als auch die Monitore in der Pre-Show und die Beamer werden mit Bright-Sign Playern betrieben“, berichtet göpotec Geschäftsführer Frank Pollack. „Die Programmierung des Systems stellte eine gewisse Herausforderung dar, denn in einem derartigen Umfang wie im rock’n’popmuseum haben wir so etwas bislang noch nicht realisiert. Bei uns im Haus wurde einiges an Skripten geschrieben, damit das Ganze am Ende auch reibungslos funktioniert.“ Um bei Bedarf aus der Ferne unterstützend aktiv werden zu können, wurde von göpotec ein Remote-Zugriff eingerichtet.

Brandheiße Klangmomente

Für außergewöhnliche akustische Erlebnisse sorgen im rock’n’popmuseum usomo-Audiosysteme der Framed immersive projects GmbH & Co. KG. Der genaue Standort der Gäste wird per Tracking präzise erfasst, und passend zur räumlichen Verortung werden Musik, Sound-Elemente und Wortbeiträge in Deutsch, Englisch oder Niederländisch über Kopfhörer abgespielt.

„Im Moment machen wir über die Kopfhörer eine dokumentarische Beschallung“, erklärt Dr. Thomas Mania, Kurator des rock’n’popmuseum. „Jeder Vitrine in der Dauerausstellung sind bestimmte Audioinhalte zugewiesen, doch wir schöpfen die Möglichkeiten des usomo-Systems bei Weitem nicht aus. Es gibt noch viele kreative Möglichkeiten, welche wir bei künftigen Wechselausstellungen ausloten werden.“ Thomas Albers äußert sich zur Entscheidung für die Produkte des Berliner Unternehmens wie folgt: „Wir haben den Einsatz der usomo-Systeme nicht nur theoretisch erörtert, sondern auch in der Praxis in der hauptstädtischen Humboldt-Box begutachtet – ein typisches Tourguide-System wollten wir für das rock’n’popmuseum nicht.“

Das Kürzel „usomo“ steht für „unique sonic moments“. Das System wird vom Hersteller als „brandheiße Innovation für die akustische Inszenierung von Räumen und Architektur für Ausstellungen, Erlebniswelten, Messen, Events, Bildung und Information“ beworben. Die Nutzerzahl ist nicht limitiert, und auch die Fläche, welche mithilfe der zum System gehörenden Antennen abgedeckt werden kann, ist nach Herstellerangaben unbegrenzt. Zum usomo-System gehören unterschiedliche Komponenten: Antennen, Tracking-Module, Smartphones, Kopfhörer sowie die für die Programmierung erforderliche Software.

„Ich verfüge über einen Background in der medialen Szenografie und habe mich unter anderem damit beschäftigt, Räume und Menschen mittels Medien zu verbinden“, sagt Steffen Armbruster, Gründer der Framed immersive projects GmbH & Co. KG. „Ich habe mich gefragt, wie man das visuelle Rundumerlebnis einer 360-Grad-Projektion akustisch umsetzen kann und konnte am Markt kein System entdecken, das meinen Vorstellungen gerecht wurde. Es war nie meine Absicht, eine Art verbesserten Audioguide zu entwickeln – mit usomo realisieren wir mediale Audioinstallationen.“

Um gemäß Wortwahl von Steffen Armbruster „einen Menschen medial mit dem Raum zu verbinden“, muss ermittelt werden, wo sich die betreffende Person in diesem Raum befindet. Eine der wesentlichen technischen Aufgabenstellungen für das Team von usomo dürfte somit darin bestanden haben, ein ebenso präzises wie praxistaugliches Tracking-System zu entwickeln – in der aktuellen Ausführung wird die Modulposition laut Armbruster auf zehn Zentimeter genau erkannt, und die Rotation wird mit einer Genauigkeit von einem Grad erfasst. „Die Höhe analysieren wir mit dem usomo System nicht – das wäre prinzipiell zwar möglich, für die Praxis aber zu komplex“, so Armbruster. „Die im rock’n’popmuseum verfügbare Audiospur für Kinder wird nicht durch eine Auswertung von Höheninformationen wiedergegeben, sondern die Ausgabe der kindgerechten Inhalte wird zu Beginn des Rundgangs vom verantwortlichen Museumsmitarbeiter eingestellt. In Berlin verfügen wir über eine große Halle, in der wir Inhalte schon während der Produktion praxisnah testen können.“

Every Move you make

Die usomo Tracking-Module besitzen die Größe von ungefähr zwei übereinandergeschichteten Streichholzschachteln. Die kantigen Kunststoffgehäuse werden in eine an den Kopfhörerbügeln befestigte Halterung eingesetzt und rasten dort sicher mit einem Click-Mechanismus ein. Das Pairing mit den Smartphones erfolgt kabellos via NFC; die Übertragung der Positionsdaten wird mittels BlueTooth realisiert.

NEC PA703W-Projektoren rock’n’popmuseum Gronau
NEC PA703W-Projektoren kommen im Pophimmel zum Einsatz. (Bild: Jörg Küster)

Die Tracker werden in der Ausstellung permanent geortet. Die übermittelten Parameter wirken sich unmittelbar auf die Klangwiedergabe aus: Steht man vor einem Exponat und dreht den Kopf nach rechts, nimmt man den Ton aus der linken Kopfhörermuschel passend zur Position der Vitrine wahr – außerdem verändert sich der Pegel in Abhängigkeit vom eigenen Abstand zum Exponat. „Mithilfe der zugehörigen Software können wir Töne passend zur Modulposition abrufen und dabei ständig berechnen, was der Nutzer hört“, erklärt Steffen Armbruster. „In Echtzeit lässt sich beispielsweise die Lautstärke verändern, aber auch der Pitch und andere Parameter können beeinflusst werden. Vereinfacht kann man sich das so vorstellen: Wir laden den Grundriss der zu versorgenden Fläche in unsere Software und können die Töne dort frei positionieren.

Überall im Raum liegen sozusagen Töne, die wir beeinflussen und in Echtzeit verbinden können.“ Die drahtlose Ortungstechnik ist laut Steffen Armbruster anmelde- und lizenzfrei nutzbar; zu Details zur Funkübertragung mochte sich der Geschäftsführer im Gespräch nicht äußern.

Der zu vernehmende Audio-Content ist lokal im Smartphone abgelegt und wird abgerufen, sobald das Gerät ein passendes Triggersignal erhält. „Größtenteils verwenden wir Mono-Files, die ohne Datenreduktion als WAV-Dateien lokal gespeichert sind“, erklärt Steffen Armbruster. „Durch den dezentralen Aufbau des usom-Systems ist sichergestellt, dass ein Einsatz auch dann möglich ist, wenn einzelne Geräte einmal ausfallen sollten – es wird also nicht die gesamte Ausstellung lahmgelegt.“

rock’n’popmuseum Gronau
Ein Outline Fullrange-Koaxlautsprecher (Vegas 15 CX) nahe einer akustisch präparierten Wand (Bild: Jörg Küster)

Das Smartphone befindet sich geschützt in einer stabilen Umhüllung; Besucher greifen in der Regel lediglich zu Beginn des Ausstellungsrundgangs auf den seitlichen Pegelsteller zu, um in einer für sie angenehmen Lautstärke hören zu können. Die Schutzhüllen sind mit einem Band versehen, so dass die Geräte ähnlich wie ein Audioguide komfortabel um den Hals gehängt werden können. Die Robustheit ist dem Vernehmen nach für die Anforderungen der Ausstellung ausreichend: „Wir haben in neun Monaten Betrieb bislang noch keinen Schaden gehabt“, berichtet Johannes Frehe, der im rock’n’popmuseum als Fachkraft für Veranstaltungstechnik tätig ist.

An manchen Stellen der Ausstellung ist weiterführender Content verfügbar, der sich aktiv über das Berühren eines Icons auf der Bildschirmoberfläche abrufen lässt. Die meisten Besucher lassen sich jedoch gerne in einem positiven Sinn „berieseln“, zumal während des Rundgangs eine wahre Informationsflut auf sie einprasselt, welche ihre visuelle Entsprechung in der allgegenwärtigen Vitrinenopulenz findet – die Geschichte der Rock- und Popmusik soll in Gronau auf einer Fläche gezeigt werden, die kleiner ist als manche nur einer einzelnen Band gewidmete Ausstellung (z. B. Pink Floyd „Their mortal Remains“). Stattliche 105 Ausstellungvitrinen wurden für das rock’n’popmuseum in den Werkstätten der Studio Hamburg Atelierbetriebs GmbH angefertigt.

Als Kopfhörer finden Produkte aus dem Portfolio von Sennheiser Verwendung: „Ohne vernünftigen Sound machen Rock und Pop einfach keinen Spaß!“, sagt Thomas Albers über die hochwertigen geschlossenen Hörer mit vollwertigem Frequenzgang. Zum Einsatz kommen Sennheiser HD 200 PRO, welche dank weicher Ohrpolster über längere Zeit hinweg angenehm zu tragen sind und mit einer präzisen Klangreproduktion gefallen. Gäste, die auf ein Hörgerät angewiesen sind, oder Personen mit eingeschränktem Sehvermögen, denen geschlossene Kopfhörer die Orientierung erschweren, können zu offenen Sennheiser HD 559 Kopfhörern mit ohrumschließenden Muscheln greifen. Für Personen mit Cochlea-Implantaten ist in Gronau ein System von Phonak verfügbar, das sich derzeit noch in der Erprobungsphase befindet. Steffen Armbruster weist explizit darauf hin, dass das usomo-System nicht auf Kopfhörer bestimmter Hersteller abgestimmt ist.

„Wir versuchen, vollkommen neue Klangerlebnisse für Installationen zu erzeugen, die einen Impact auf die Nutzer ausüben“, fasst Armbruster seine Motivation zusammen. „Wir haben mit usomo gerade erst eine achtmonatige Ausstellung in Bern begleitet und sind als Dauerinstallation im neu eröffneten Ars Electronica Center in Linz vertreten.“

Quatsch mich nicht von der Seite an!

Da beim usomo System ein Headtracking stattfindet, ist es extrem wichtig, dass Nutzer die Kopfhörer korrekt aufsetzen: Ein roter Klebepunkt markiert die Muschel für das rechte Ohr, und bei der Kopfhörerausgabe werden die Gäste über die richtige Handhabung informiert.

Der Klang ist für den Kontext unerwartet gut, sofern es das originale Audiomaterial hergibt. Übergänge zwischen den Stationen treten audiotechnisch nicht störend in Erscheinung; Click- oder Popp-Geräusche sind nicht auszumachen. Im rock’n’popmuseum finden regelmäßig geführte Rundgänge statt, bei denen die Guides mit den Gästen ohne technische Hilfen kommunizieren; ein Live-Einsprechen per Mikrofon in das usomo-System ist nicht vorgesehen.

rock’n’popmuseum Gronau
An der letzten Station des Rundgangs sind 55″-Screens quer in breite Infostationen integriert – hier kann man in der so genannten Interviewzone Gesprächen mit erfolgreichen Konzertveranstaltern folgen. (Bild: Jörg Küster)

Mit der Ausgabe der Hörer und Smartphones sind in Gronau freundliche Museumsmitarbeiter*innen befasst, welche direkt auch ein paar erklärende Worte beisteuern, um weniger technikaffinen Besuchern die Scheu vor der Gerätenutzung zu nehmen. Insgesamt 100 Smartphones und 100 Tracking-Module sind im rock’n’popmuseum verfügbar und werden bei Nichtgebrauch in mit Ladeschalen ausgestatteten Schubladen gelagert; die Versorgung der Tracking-Akkus mit frischer Energie erfolgt per Induktion. Die Geräte werden über Nacht geladen und besitzen ausreichende Kapazitäten, um einen achtstündigen Museumstag zu überstehen. Die Ohrpolster der Kopfhörer werden von Mitarbeiter*innen des Museums bei der Rückgabe mit Hygienetüchern gereinigt.

In Gronau überrascht, wie fein das Tracking innerhalb der Dauerausstellung funktioniert; die Übergänge (Überblendungen aller Art sind in der Software einstellbar) gestalten sich reibungslos, selbst wenn Vitrinen sehr eng beieinanderstehen. „Es ist kein Problem, auch größere Gruppen zu versorgen, die sich vor einem Exponat befinden“, sagt Steffen Armbruster. „Schwierig wird es nur, wenn ein kleines Kind inmitten einer Gruppe Erwachsener steht oder die Gruppe derart groß ist, dass sich einzelne Personen außerhalb des dem Exponat zugewiesenen Ortungsbereichs befinden.“

Trotz der vielfältigen technischen Möglichkeiten ist im rock’n’popmuseum bezüglich der Kopfhörerwiedergabe nicht alles eitel Sonnenschein: So wollte der Autor etwa während seines Rundgangs durch die Ausstellung eine Installation mit etwas Abstand betrachten und geriet dabei unversehens in den Wirkungsbereich eines anderen Exponats, dessen musikalischer Inhalt überhaupt nicht zur im Sichtfeld befindlichen Themenstation passte – ein Resultat der „Viel Inhalt auf wenig Raum“-Formel des Museums und kein Fauxpas des usomo-Systems. Auch kam es auf dem Parcours vor, dass die Audiospur einer vorangegangenen Station weiterlief, während der Content einer anderen Themeninsel startete, was zu einem verwirrenden, äußerst unangenehmen Höreindruck und letztlich zum Abnehmen der Kopfhörer führte.

Erst einmal gewöhnen muss man sich beim Gang durch die schwarzen Vitrinenschluchten daran, ständig „von der Seite angequatscht“ zu werden: Gefühlt heischen die einzelnen Exponate um Aufmerksamkeit, und Harry-Potter-Fans werden sich möglicherweise an die sprechenden Bilder aus dem Internat des Zauberlehrlings erinnert fühlen.

Dröhnung am Pophimmel

Alle 25 Minuten wird die in der Dauerausstellung vorherrschende Stille jäh unterbrochen: Nach einem Countdown sowie dem Herunterfahren des Hallenlichts startet ein knapp dreiminütiges Konzertvideo, das parallel auf vier Leinwänden zu sehen ist. Gezeigt werden Live-Mitschnitte von Konzerten unterschiedlicher Künstler – Queen und Michael Jackson sind in der Auswahl ebenso vertreten wie Udo Lindenberg und Helene Fischer. Bei einer durchschnittlichen Verweildauer von mehr als einer Stunde erleben Besucher während ihres Aufenthalts im Museum mindestens zwei der so genannten Pophimmel-Shows.

Jede Projektionsfläche wird von zwei Fullrange-Koaxlautsprechern (Vegas 15 CX) des italienischen Herstellers Outline flankiert; auf eine Surround-Wiedergabe oder gar ein 3DAudio-Erlebnis wird in Gronau verzichtet. Nahe der Projektionsfläche am hinteren Ende der Halle verrichten ergänzend zu den acht Vegas 15 CX zwei Subwoofer (Outline SUB 218) mit doppelter 18″-Bestückung und hohem Wirkungsgrad ihren Dienst auf einem Betonsockel unter der Leinwand. Der vorgenannte Bereich wird über ein eigenes Amprack und einen eigenen DSP-Controller (Outline iP 24) versorgt; Endstufen (t&mSystems SA4200) und Systemcontroller des gleichen Typs sind auch für die übrigen Outline Lautsprecher zuständig.

usomo-System mit Smartphone, Tracking-Modul und Kopfhörer
usomo-System mit Smartphone, Tracking-Modul und Kopfhörer (Bild: Jörg Küster)

Die Wiedergabe ist kraftvoll und erinnert mit ihren ausgeprägten Tieftonanteilen durchaus an ein Live-Konzert. Positiv bemerkbar macht sich, dass im Ausstellungsbereich Teile der Wände sowie die Decke akustisch präpariert sind – wer genauer hinschaut, entdeckt Lochplatten mit hinterlegtem Absorptionsmaterial. Unerwünschte Emissionen sind im rock’n’popmuseum aufgrund dicker Mauern sowie mangels direkter Nachbarn kein Thema; die Subwoofer wurden jedoch vom Boden entkoppelt, um zu vermeiden, dass in den Vitrinen ausgestellte Objekte durch Vibrationen in Mitleidenschaft gezogen werden. Von Besuchern unterschiedlicher Altersstufen wurde dem Vernehmen nach bislang keine Kritik geäußert, dass der „Live-Sound“ zu laut oder zu leise sei.

Back in black

Hoch über dem Geschehen verteilen sich vier dunkle Projektionsflächen unterschiedlicher Größen: Auf- und Rückprojektionsfolien des Typs Optiblack 2.2 von Gerriets sind mit Gummiexpandern in aus Einpunkt-Traversen zusammengesetzte Rahmen eingespannt und werden im Querformat mit PA703W-Projektoren (LCD, WXGA, 7.000 ANSILumen) von NEC bespielt; erforderliche Bildkorrekturen werden über die Beamer vorgenommen. Da die Geräte mit konventionellen Leuchtmitteln betrieben werden und einen entsprechenden Wartungsaufwand erfordern, wird in Gronau bereits laut über den Einsatz von Laserprojektoren nachgedacht. Ein Testgerät von Optoma wird von den Technikern aktuell auf Herz und Nieren geprüft, und speziell der mögliche Verzicht auf Anlauf- und Nachlaufzeiten wird in Gronau als großer Vorteil gesehen. Aktuell wird die gesamte Technik des Museums zu Betriebsbeginn am Empfangstresen mittels Touchscreen (Visualisierungssoftware Elvis) hochgefahren und zu Betriebsende auf gleiche Weise abgeschaltet; im Hintergrund werden in diesem Zusammenhang ein im Keller untergebrachter Steuerrechner aus der Fujitsu Esprimo-Familie sowie die per KNX-Bus angebundenen Komponenten adressiert.

rock’n’popmuseum Gronau
Eine realitätsnahe Rekonstruktion des legendären CAN-Tonstudios befindet sich im Untergeschoss des Museums. (Bild: Jörg Küster)

Nimmt man die Kopfhörer ab, machen sich die NEC Beamer mit Lüftergeräuschen akustisch gemeinsam mit der Rauchansauganlage bemerkbar. Da die Ausstellung in einem komplett schwarzen Halle ohne jedes Tageslicht stattfindet, ist der Bildeindruck gut und kontrastreich, wobei auch hier die Qualität direkt vom Ausgangsmaterial abhängig ist. Gezeigt wird vier Mal das gleiche Bild; Hintergrund ist, dass Besucher losgelöst von ihrer aktuellen Position in der Ausstellung bei Beginn der Pophimmel-Show mindestens ein Projektionsbild sehen können sollen.

Jenseits des Pophimmels werden in der Ausstellung Beamer von Panasonic und Optoma verwendet. Normalerweise wird auf Bildwände projiziert, doch es gibt auch eine Installation, in welcher ein schwarzes Mesh-Gewebe in geringem Abstand vor der Bildwand aufgespannt ist – das Ergebnis erinnert entfernt an einen holographischen Effekt.

Abseitiges

Wer zwischendurch einen Moment Pause benötigt oder die Ausstellung als Gesamtheit auf sich wirken lassen möchte, kann sich auf der über eine Treppe erreichbaren Empore in der so genannten rock’n’popLounge auf Bänken oder inmitten einer Sitzkissenlandschaft niederlassen.

Auf einem Bildschirm kann hier ein Interview mit Udo Lindenberg verfolgt werden; der Ton wird per kabelgebundenem Kopfhörer wiedergegeben. Darüber hinaus ist der aktive Pophimmel auf der Empore aus einer interessanten rückseitigen Perspektive erlebbar.

Über eine Schleuse ist ausgehend von der rock’n’popLounge die Sonderausstellungsfläche („Galerie“) erreichbar: „2020 werden wir hier „Ludwig lebt!“ präsentieren“, verrät Thomas Albers über eine geplante Ausstellung zu Beethovens Einfluss auf die populäre Musik – man darf gespannt sein, wie die Möglichkeiten des usomo-Systems in diesem Kontext genutzt werden.

Wer sich als Gast beim Rundgang durch die Dauerausstellung nicht nur passiv beschallen lassen möchte, kann an drei Mitmachstationen erkunden, was Musiker den lieben langen Tag so treiben: Abseits am Rand der Halle kann dem Klang einer E-Gitarre mit diversen Bodeneffektgeräten zu Leibe gerückt werden, und wer schon immer einmal den Roboter bei Kraftwerk spielen, mit Jean-Michel Jarre das Äquinoktium erleben oder sich als Epigone im Stil von Daft Punk in Szene setzen wollte, spricht einfach in ein Mikrofon mit nachgeschaltetem Vocoder. Spannend für viele Gäste ist sicher auch die Möglichkeit, an einem kleinen Mischpult den Mix einer Mehrspuraufnahme zu erstellen – vorausgesetzt, der Vorbenutzer hat die frei zugänglichen Kabel nicht wild umgesteckt oder anderen Unfug mit den vielen Potis und Tastern angestellt. Den Mitmachstationen sind eigene Kopfhörer fest zugeordnet, so dass man während des Rundgangs ggf. mit zwei Hörern hantiert.

Ashes to Ashes

Im offiziellen YouTube-Promotionvideo bezeichnet sich das rock’n’popmuseum als „Leuchtturm der Erinnerungskultur“, was ohne Frage zutrifft. Die (halb-)toten Musikerhelden von einst dürften den Teens der heutigen Spotify-Generation weitgehend unbekannt sein und bei den im rock’n’popmuseum regelmäßig anberaumten Schulklassenbesuchen ähnlich viel Beachtung erfahren wie der Fußabdruck eines Velociraptors im Schaukasten des Naturkundemuseums – selbst Gästen mittlerer Altersstufen erschließt sich die Relevanz des Can-Studios nicht unbedingt auf Anhieb, sofern ihnen der Name der Kölner Avantgarde-Formation überhaupt geläufig ist.

Ganz anders verhält es sich bei Seniorenführungen, die in Gronau unter dem Stichwort „60+“ angeboten werden: Hier stehen in Glassarkophagen aufgebahrte Reliquien wie das blutbefleckte Turiner Grabtu.., äh, die rot marmorierte Epiphone E-Gitarre von Bon Scott hoch im Kurs.

Wie dem auch sei: Wer sich über das übliche Maß hinaus für Rock- und Popmusik mit Fokus auf der hiesigen Szene interessiert, ein ausgewiesener Udonaut ist, den bildungsbürgerlichen Museumsbesuch schätzt oder als reiferes Semester gerne in Jugenderinnerungen schwelgt, wird in Gronau voll und ganz auf seine Kosten kommen. Zur nach allen Regeln des Zeitgeists gestalteten, inhaltlich extrem komprimierten Dauerausstellung gesellen sich Wechselausstellungen mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten. Im Untergeschoss des Museums kann man sich darüber hinaus vor einem Greenscreen in Rockstar-Kostümierung vergnügen, das Karaoke-Geschehen in Form eines Videos dokumentieren lassen und als Erinnerung auf einem USB-Stick mitnehmen.

Empfehlenswert ist auch ein Besuch des Musikclubs Turbine, der Platz für 300 Gäste bietet: Es stehen Live-Musik und DJ-Events, Wechselausstellungen sowie spartenübergreifende Kulturveranstaltungen auf dem Programm. Eine Anmietung der Räumlichkeiten für Corporate-Events ist auf Anfrage möglich, idealerweise kombiniert mit einem Ausstellungsbesuch.

Ein Trip ins rock’n’popmuseum lohnt sich für Musikinteressierte auch bei einer etwas weiteren Anfahrt; der typische Einzugsradius beträgt laut Thomas Albers etwa 100 Kilometer und umfasst somit die Metropolregion Rhein-Ruhr. Ein Aufenthalt in Gronau lässt sich am Rande bemerkt bestens mit einem Freizeittag im schönen Münsterland oder in den unmittelbar angrenzenden Niederlanden verbinden.

Web-Links

>> www.rock-popmuseum.de

>> www.studio-andreas-heller.de

>> www.goepotec.de

>> www.studio-hamburg-atelier.de

>> www.usomo.de

>> www.trius-vertrieb.de


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