Kommunikationsraum
3M Customer Inspiration Lab in Neuss

Showroom der etwas anderen Art

Das Unternehmen 3M betreibt im rheinischen Neuss das sogenannte Customer Inspiration Lab – ein Showroom, in dem nicht in Produktlösungen, sondern in technologischen Möglichkeiten gedacht wird. Es ist ein neuer Ansatz zum Austausch mit Kunden, der hier täglich praktiziert wird.

"Inspiration Area" im Showroom 3M Customer Inspiration Lab.
“Inspiration Area” im Showroom 3M Customer Inspiration Lab.

Autsch, gleich wird es hässlich: Wasser sprudelt in einen Plexiglaszylinder und umspült nach kurzer Zeit einen darin befindlichen Apple iPod, der munter „Get lucky“ von Daft Punk dudelt. Ein abrupter Wiedergabestopp nebst Komplettversagen des elektronischen Gerätes bleibt zur Verwunderung der Betrachter jedoch aus: „Das ist sozusagen trockenes Wasser …“, merkt Industriekaufmann Jannik Werkmeister schmunzelnd an. Werkmeister ist „Junior Specialist Kommunikation und Kunden-Marken-Erlebnis“ bei der 3M Deutschland GmbH und gemeinsam mit seinem Kollegen Sebastian Schrörs, Leiter Interne Kommunikation und Kunden-Marken-Erlebnis, erster Ansprechpartner für Gäste, die bei einem Besuch am Hauptsitz in Neuss mehr über das Technologieunternehmen und seine Produkte erfahren möchten. Teil der Markenerfahrung ist dabei fast immer ein Aufenthalt im 3M Customer Inspiration Lab, eine Art Showroom, der sich als technisch und inhaltlich perfekt auf das Unternehmen abgestimmte Präsentationsform für die 3M Technologien und Märkte erweist.

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Inspiration & Dialog im Forschungslabor

Das 3M Customer Inspiration Lab hat eine bestehende Ausstellung abgelöst, die sich vorrangig auf den Automotive-Bereich fokussierte. Das Lab befindet sich im Forschungslabor namens „Customer Technical Center“ am Sitz der 3M Hauptverwaltung für die D-A-CH Region und belebt ein großzügig dimensioniertes Atrium, das sich über drei Stockwerke erstreckt und nach oben hin von einer gewölbten Glasdecke abgeschlossen wird. Rundherum arbeiten im Auftrag von 3M rund 300 Forscher und Anwendungstechniker aus 16 Ländern und man könnte sich kaum einen besseren Ort vorstellen, um die Innovationskraft des Unternehmens in Szene zu setzen. Bei nicht wenigen Besuchern ist der Wow-Effekt daher auch offenkundig.

Im 3M Customer Inspiration Lab wird das gesamte Portfolio von 3M abgebildet. Insgesamt 46 Technologieplattformen werden mit einer Darstellung visualisiert, die ein wenig an das aus dem Chemieunterricht bekannte Periodensystem erinnert. Im Lab geht es nicht nur um eine verständliche Darstellung der 3M Technologieplattformen, sondern auch um „Customer Inspired Innovation“: Im Austausch mit Kunden entstehen hier Ideen, die möglicherweise in neuartigen Produkten oder einer besonderen Lösung für eine konkrete Aufgabe resultieren. Erwartungsgemäß sind hier unterschiedliche Vertiefungsebenen vorgesehen, die dem individuellen Background der Besucher gerecht werden – die gesamte Spannweite von einfacher Verständlichkeit bis zu ausgewiesenem Expertenwissen wird abgedeckt. Kommen beispielsweise Ingenieure mit Detailfragen zu Besuch, wird den durch das Lab führenden Scouts ein mit dem jeweiligen Thema befasster Wissenschaftler/Produktspezialist zur Seite gestellt. Der persönliche Dialog mit den Kunden ist während des gesamten Besuchs ein wichtiges Element, wobei sich ein Grundstock an Informationen auch bei einem unbegleiteten Aufenthalt, z. B. anlässlich eines Events im Atrium, erschließt.

Mit dem Customer Inspiration Lab richtet 3M den Fokus hauptsächlich auf wichtige strategische Kunden, mit denen eine Zusammenarbeit angestrebt wird oder vertieft werden soll. Geht es lediglich um eine allgemeine Vorstellung des Unternehmens, ist der Eingangsbereich des Hauptgebäudes der probate Ort: Hier ist seit 2012 die sogenannte „3M World of Innovation“ zu finden, die ebenso wie das 3M Customer Inspiration Lab mit Unterstützung durch die Kölner dreiform GmbH gestaltet wurde.

Introduction Area

Im 3M Customer Inspiration Lab erleben Gäste eine SmartTour mit dreistufiger Dramaturgie. Zunächst sammelt man sich in der „Introduction Area“. Zentrale Elemente der Raumgestaltung sind hier ein langgestreckter Hightable sowie ein mit einem 3M Multitouch-Display bestückter Tisch und ein riesiger Flachbildschirm. Letzterer sorgt bei größeren Besuchergruppen dafür, dass jeder Gast die Inhalte gut sehen kann. Dass allerorts Displays zum Einsatz kommen, ist kein Zufall: Projektoren wären angesichts des vollflächig von oben einfallenden Tageslichts keine gute Idee gewesen. Zudem stellt 3M lüftergekühlte Touchdisplays her. Überall im Lab dominieren die Firmenfarben Rot und Weiß, die Möblierung orientiert sich an den Corporate Identity Guidelines von 3M.

In der „Introduction Area“ findet passend zum Namen ein einführendes Gespräch statt. Der Touchscreen-Tisch spielt dabei eine wichtige Rolle, denn mit seiner Hilfe werden für die Besucher besonders interessante Themen eingekreist. Die verfügbaren Topics sind zunächst als unterschiedlich große „Bubbles“ visualisiert – werden einzelne Segmente per Fingerberührung aktiviert, färben sie sich rot und gruppieren sich fortan in der Mitte des Bildschirms. Bis zu fünf Themenkreise können ausgewählt werden und lassen sich in einem nächsten Schritt priorisieren: Die Bildschirmblasen werden gemäß ihrer individuellen Wichtigkeit anschaulich in einem Kreis angeordnet, was die Gewichtung der sogenannten „Pain Points“ sehr plastisch erscheinen lässt. Ein Druck auf den Bildschirmknopf „auswerten“ generiert anschließend eine individualisierte Tour, die nun in der „Inspiration Area“ absolviert werden kann. Mit Gedanken an das äußerst umfangreiche 3M Portfolio ohne jede Frage eine deutlich bessere Lösung als ein Rundgang nach dem Gießkannenprinzip.

Auf den Displays sind Informationen in deutscher oder englischer Sprache verfügbar. Die Scouts identifizieren sich gegenüber dem System mit einer personalisierten RFID-Karte. Auf Wunsch lassen sich mithilfe der Karte speziell aufbereitete Inhalte abrufen, z. B. besucherspezifische Präsentationen. Während der Smart-Tour werden aber auch Informationen über all jene Aspekte in einer Art virtueller Warenkorb gesammelt, welche die Kunden besonders interessieren.

Inspiration Area

Bei der Raumgestaltung der „Inspiration Area“ spielen zehn Inseln mit Hands-on-Modulen, den „Demonstrators“, eine wichtige Rolle. Sie machen ein bestimmtes Geschäftsfeld oder eine Produktgruppe erlebbar. Eine treffendere Wortwahl wäre vielleicht sogar „greifbar machen“, denn Vieles lässt sich in die Hand und genauer in Augenschein nehmen. Möglich ist auch eine kurze Demonstration von Produkteigenschaften, etwa das per UV-Licht initiierte Aushärten von Kunststoffmaterial für Zahnfüllungen. Viele Exponate sind auf lichtempfindlichen Sensoren abgelegt: Entfernt man ein Produkt, wird in der Steuerung ein definierter Inhalt getriggert und auf einem angrenzenden 3M Touchscreen erscheint eine thematisch passende 3D-Animation mitsamt der wichtigsten Bullet-Points und Benefits.

Die „Inspiration Area“ besteht aus Inseln mit Hands-on-Modulen („Demonstrators“), die ein bestimmtes Geschäftsfeld oder eine Produktgruppe erlebbar machen.
Die „Inspiration Area“ besteht aus Inseln mit Hands-on-Modulen („Demonstrators“), die ein bestimmtes Geschäftsfeld oder eine Produktgruppe erlebbar machen.

Sound wird bei Bedarf von in die Medienmöbel integrierten Computerlautsprechern wiedergegeben. In den Medienmöbeln untergebracht sind weiterhin Anschlussfelder für mitgebrachte Laptops sowie ein Client-PC, der seine Inhalte über eine zentrale Datenbank bezieht und das zugehörige Display ansteuert. In Schubladen wird zusätzliches Material gelagert, das die auf den Inseln abgelegten Exponate ergänzen kann. An die Sicherheit der Besucher wurde selbstverständlich gedacht, weshalb etwa die Akkus zum Betrieb einzelner Geräte in den Schubladen untergebracht sind.

Die multisensuelle Gesamterfahrung der Smart-Tour dürfte auf viele Gäste inspirierend wirken und auch Perspektiven jenseits des Tagesgeschäfts aufzeigen. Insbesondere technikaffine Zeitgenossen bekommen bei einem Besuch im 3M Customer Inspiration Lab meist leuchtende Augen – Marketingspezialisten werden in diesem Zusammenhang vermutlich von „positiv besetzten Erinnerungsankern“ sprechen.

Collaboration Room

Abgeschlossen wird der Aufenthalt im 3M Customer Inspiration Lab durch ein gemeinsames Gespräch im futuristisch gestalteten „Collaboration Room“. Das Erlebte passiert hier Revue, Ideen werden gesammelt und mögliche Projekte angebahnt. Zentrales Element der Raumgestaltung ist ein langer weißer Tisch, der mit drei RFID-Leseflächen sowie hinter Klappen verborgenen Anschlussfeldern ausgestattet ist. Bewegte Bilder lassen sich über ein Display anzeigen, das von einer Soundbar flankiert wird.

Die wichtigen Themen kommen im „Collaboration Room“ im wahrsten Sinn der Redewendung „auf den Tisch“, denn die Scouts haben an den einzelnen Inseln der „Inspiration Area“ die für die Besucher relevanten Informationen mit ihrer persönlichen RFID-Karte markiert. Die Inhalte lassen sich nun im Besprechungsraum komfortabel abrufen und kreisen auf dem Display als animierte Satelliten im 3M Produktuniversum – man könnte von einer Art Logbuch der gerade absolvierten Smart-Tour sprechen.

Im futuristisch gestalteten „Collaboration Room“ wird der Aufenthalt im 3M Customer Inspiration Lab durch ein gemeinsames Gespräch abgeschlossen.
Im futuristisch gestalteten „Collaboration Room“ wird der Aufenthalt im 3M Customer Inspiration Lab durch ein gemeinsames Gespräch abgeschlossen.

Anzumerken wäre, dass überall im 3M Customer Inspiration Lab auch von Besuchern oder Scouts mitgebrachte Devices wie Laptops angeschlossen werden können – im Konferenztisch wie in den Möbeln der „Inspiration Area“ verbergen sich Transmitter mit gängigen Schnittstellen.

Arbeitsinstrument

Das 3M Customer Inspiration Lab ist kein abgeschlossenes Vorhaben, sondern wird bei Bedarf aktualisiert und erweitert. Neue Inhalte können direkt durch 3M Mitarbeiter über im System hinterlegte Templates in das Content Management System eingepflegt werden – angesichts des kontinuierlich wachsenden 3M Portfolios ein sehr sinnvolles Feature mit Aktualitätsgarantie. Darüber hinaus wurde ein Fernzugriff auf die wesentlichen elektronischen Komponenten eingerichtet, so dass Techniker der zuständigen Firma dreiform nach Rücksprache aus der Ferne Hilfestellung leisten können.

Die Inseln der „Inspiration Area“ lassen sich bei Bedarf flexibel positionieren oder im Rahmen von Sonderveranstaltungen auch ganz aus dem Atrium entfernen. Bei 3M wird das Customer Inspiration Lab als Arbeitsinstrument verstanden und täglich genutzt. Jannik Werkmeister berichtet über 7.000 Besucher und zahlreiche Führungen im Jahr 2016. Oft ist es so, dass ein erster Aufenthalt im Lab Folgebesuche nach sich zieht, bei denen auf Basis zwischenzeitlich weiter gereifter Ideen in Details verzweigt wird. Über einen längeren Zeitraum erstrecken sich Innovationsworkshops mit ausgewählten Kunden, bei denen ein bestimmtes Produkt oder eine eng umrissene Technologieplattform im Mittelpunkt steht.

Impulsgeber

Nach einem von Sebastian Schrörs und Jannik Werkmeister begleiteten Rundgang durch das Customer Inspiration Lab besteht kein Zweifel, dass 3M mit Unterstützung durch dreiform eine großartige Plattform geschaffen hat, um mit potenziellen Kunden in einen interaktiven Dialog zu treten. „Die Mischung aus physisch greifbaren Exponaten und digital vermitteltem Wissen ist für die externe wie die interne Kommunikation gleichermaßen gut geeignet“, weiß Jannik Werkmeister. „Das 3M Customer Inspiration Lab kann als Impulsgeber für neue Ideen verstanden werden, welche sowohl das Unternehmen als auch die Besucher bereichern.“ Dass dabei auch neues Business für 3M generiert und die Marke sehr überzeugend als innovationsfreudiges Technologieunternehmen inszeniert wird, liegt auf der Hand.

Bei aller digitalen Technik wurde bewährtes Kommunikationsinventarium nicht vergessen, wie die mit Filzstiften beschreibbaren Whiteboards auf den Rückseiten vieler Displays beweisen – sogar ein Flipchart mit „echtem Papier“ befindet sich im „Collaboration Room“ im Einsatz. Dass auf dem mit modernen RFID-Readern versehenen Tisch Post-it Haftnotizen liegen, ist in diesem Kontext sogar konsequent, denn die überaus praktischen Klebezettel wurden von 3M erfunden …

Showroom-Konzept 3M Customer Inspiration Lab

Die anspruchsvolle Aufgabe der Raumgestaltung für den Showroom 3M Customer Inspiration Lab samt digitaler Ebene zwischen Granitboden und Glasdach oblag der Kölner dreiform GmbH, die seit mehr als 15 Jahren kundenspezifische Kommunikationsformate in unterschiedlichen Dimensionen entwickelt. „Der Name dreiform leitet sich von der seit 2001 verfolgten Ausrichtung unserer Kerndisziplinen ab: Architektur, Design, Kommunikation“, verrät Ralf Nähring, einer der Gründer und Geschäftsführer von dreiform, über den Ursprung des Firmennamens. Heute versteht sich dreiform als Full Service-Dienstleister, der mit einem Team aus Spezialisten unterschiedlicher Disziplinen komplexe Herausforderungen meistert – das Motto lautet „Kommunikation und Raum für Menschen und Marken“.

Bei Projekten wird in Zusammenarbeit mit dem Kunden zunächst die kommunikative Aufgabe analysiert und aus den in diesem Zusammenhang gewonnenen Erkenntnissen werden Plots oder „Erlebniswege“ entwickelt, die letztlich in einem gestalteten Raum resultieren. Da war auch beim Raumkonzept für das 3M Customer Inspiration Lab der Fall, wobei dreiform auf einen bereits bei anderen Projekten für 3M in Deutschland, Österreich und den Niederlanden gesammelten Erfahrungsschatz zurückgreifen konnte. Die Raumgestaltung des 3M Customer Inspiration Lab in Neuss folgte dabei einer von dreiform mit dem Begriff „Shy Tech“ bedachten Philosophie: Die beiläufig unterstützende Medientechnik tritt an die Stelle einer plakativen höherschneller-weiter-Technikdemonstration. „Wir glauben nicht, dass ein Projekt für ein Technologieunternehmen wie 3M vordergründig Hardware-getrieben sein muss“, sagt Ralf Nähring und verwendet Begriffe wie „natural user interface“, „intelligent interior“, „knowledge landscapes“ und „digitale Bodenschätze“ sowie „Oberflächen mit Tiefe“ – anschauliche Wortbilder, welche sich allesamt auf das Lab anwenden lassen.

Autor: Jörg Küster 

Mehr zum Thema Digitalisierung im Showroom oder Verkaufsraum finden Sie im Retail-Special von KommunikationsRaum.

 

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